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Neuseelands Premierministerin ArdernDie Anti-Mackerin

Sven Hansen
Kommentar von Sven Hansen

Die Premierministerin Neuseelands gewann dank klarer Prinzipien und Empathie. Ohne Koalitionspartner kann sie nun mehr Sozi-Politik machen.

Sozis können noch gewinnen: Ardern am Sonntag in Auckland Foto: AAP / Ben Mckay

E s gibt noch Hoffnung für die gebeutelte Sozialdemokratie. Zumindest, wenn sie weit weg schaut – nach Neuseeland. Dort hat Jacinda Arderns Labour-Partei am Samstag einen fulminanten Wahlsieg errungen. Zwar deuteten Umfragen an, dass Labour gewinnen würde. Aber mit so einem Sieg, der erstmals unter dem gegenwärtigen Wahlsystem nicht einmal mehr einen Koalitionspartner nötig macht, hat niemand gerechnet, auch Ardern nicht.

Ihr Sieg basiert dabei aber weniger auf sozialdemokratischen Inhalten als vielmehr auf ihrem persönlichen Politikstil, bei dem sie mehrfach durch erfolgreiches Krisenmanagement überzeugte, sowie durch ihre kommunikativen Fähigkeiten. Ardern zeichnet sich sowohl durch klare Prinzipien als auch durch Empathie und die Eigenschaft, in schwierigen Momenten die richtigen Worte zu finden, aus. Sie nimmt die Betroffenen mit und gibt ihnen das Gefühl, dass sie Teil einer solidarischen Gemeinschaft sind.

Das betonte Ardern auch in ihrer Siegesrede, bei der sie trotz des Triumphes nicht abhob. Vielmehr unterstrich sie die Wichtigkeit, anderen zuzuhören und miteinander zu debattieren, statt sich gegenseitig fertigzumachen. Sie stellte dies gar als besondere Eigenschaft der Menschen in Neuseeland dar. Das Land könne wegen seiner geringen Größe anderen schließlich nichts aufzwingen.

Aus globaler Perspektive mag Neuseeland klein sein, regional betrachtet ist der Nachbar vieler kleiner pazifischer Inselstaaten aber einflussreicher, als Ardern sagt. Trotzdem ist ihr Stil eine Wohltat gegenüber dem Mackertum vieler Politiker, die sich als Alphatiere gefallen und glauben, so punkten zu können.

Arderns Problem ist, dass sie jetzt stärker sozialdemokratische Politik machen muss. Bisher konnte sie stets auf Blockaden ihres rechtspopulistischen Koalitionspartners New Zealand First verweisen. Doch der flog aus dem Parlament. Ardern wird sich bald dank Corona bei wachsenden wirtschaftlichen Problemen entscheiden müssen, wem sie die größeren Opfer abverlangt und auf wessen Solidarität sie – dann vielleicht vergeblich – pochen muss.

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Sven Hansen
Auslandsredakteur (Asien)
Asienredakteur seit 1997, studierte Politologie in Berlin und Communication for Development in Malmö. Organisiert taz-Reisen in die Zivilgesellschaft, Workshops mit JournalistInnen aus Südostasien und Han Sens ASIENTALK. Herausgeber der Editionen Le Monde diplomatique zu Südostasien (2023), China (2018, 2007), Afghanistan (2015) und Indien (2010). Schreibt manchmal auch über Segeln. www.fb.com/HanSensAsientalk @SHansenBerlin
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5 Kommentare

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  • Muss leider etwas Wasser in den Wein schütten. Labour NZ. Hat es während der Koalition mit NZ first und den Grünen abgelehnt, hohe Einkommen höher zu besteuern, wie von den Grünen gefordert.

  • Aha, es kann also nicht sein dass sozialdemokrarische Inhalte die Menshen anziehen? Dann mal bitte schauen, was die Frau alles für die Bürger auf die Beine gestellt hat. Nur mit warmen Worten hat sie die absolute Merheit bestimmt nicht gewonnen.

  • Ich staune über die Arden-Begeisterung der Taz.

    Wenn eine deutsche Regierung ausländischen Staatsbürger_innen mit Wohnsitz in Deutschland wegen Corona die Wiedereinreise untersagen würde, würde die Taz das definitiv als Rassismus anprangern.

    Wenn Neuseeland das macht, läuft das unter "gelungenes Corona-Management".

  • Na, da dürfen wir hier in Deutschland ja gespannt sein, was uns mit der Wahl des künftigen CDU-Vorsitzenden und möglichen Kanzlerkandidaten erwartet. Hoffen wir mal einfach auf andere Möglichkeiten und vergessen dabei nicht, dass Deutschland keine Insel ist. Für Neuseeland ist das wirklich großartig. Zunächst wünsche ich uns allen weltweit ebenfalls einen Erfolg für die Demokraten in den anstehenden US-Wahlen. Auch wenn da die Hoffnungen und Erwartungen natürlich sehr viel niedriger ausfallen. Hauptsache, die demokratischen Kräfte werden wieder gestärkt und der zerstörerische Egoismus, den wir jahrzehntelang als Individualismus umschmeichelt und forciert haben, findet endlich wieder in ein gesundes vernünftiges Maß zurück. Das nennt man Gemeinschaftssinn - da hatten unsere ostdeutschen Landsleute bis zur Wende und darüber hinaus viel voraus. Daneben freue ich mich über viel Gemeinsinn in ganz Deutschland bei all den hoffnungsvollen FFF's und den vielen jungen Leuten, die sich sozial engagieren. Also gibt es in unserer Zivilgesellschaft viel Hoffnungsvolles, wohingegen unsere politische Landschaft, besonders bei unseren Regierungsparteien, reichlich traurig aussieht.

    Glückwünsche nach Neuseeland und gute Besserung für uns!

    • @noevil:

      ... anschließe mich!