Neuseelands Premierministerin Ardern: Die Anti-Mackerin
Die Premierministerin Neuseelands gewann dank klarer Prinzipien und Empathie. Ohne Koalitionspartner kann sie nun mehr Sozi-Politik machen.
E s gibt noch Hoffnung für die gebeutelte Sozialdemokratie. Zumindest, wenn sie weit weg schaut – nach Neuseeland. Dort hat Jacinda Arderns Labour-Partei am Samstag einen fulminanten Wahlsieg errungen. Zwar deuteten Umfragen an, dass Labour gewinnen würde. Aber mit so einem Sieg, der erstmals unter dem gegenwärtigen Wahlsystem nicht einmal mehr einen Koalitionspartner nötig macht, hat niemand gerechnet, auch Ardern nicht.
Ihr Sieg basiert dabei aber weniger auf sozialdemokratischen Inhalten als vielmehr auf ihrem persönlichen Politikstil, bei dem sie mehrfach durch erfolgreiches Krisenmanagement überzeugte, sowie durch ihre kommunikativen Fähigkeiten. Ardern zeichnet sich sowohl durch klare Prinzipien als auch durch Empathie und die Eigenschaft, in schwierigen Momenten die richtigen Worte zu finden, aus. Sie nimmt die Betroffenen mit und gibt ihnen das Gefühl, dass sie Teil einer solidarischen Gemeinschaft sind.
Das betonte Ardern auch in ihrer Siegesrede, bei der sie trotz des Triumphes nicht abhob. Vielmehr unterstrich sie die Wichtigkeit, anderen zuzuhören und miteinander zu debattieren, statt sich gegenseitig fertigzumachen. Sie stellte dies gar als besondere Eigenschaft der Menschen in Neuseeland dar. Das Land könne wegen seiner geringen Größe anderen schließlich nichts aufzwingen.
Aus globaler Perspektive mag Neuseeland klein sein, regional betrachtet ist der Nachbar vieler kleiner pazifischer Inselstaaten aber einflussreicher, als Ardern sagt. Trotzdem ist ihr Stil eine Wohltat gegenüber dem Mackertum vieler Politiker, die sich als Alphatiere gefallen und glauben, so punkten zu können.
Arderns Problem ist, dass sie jetzt stärker sozialdemokratische Politik machen muss. Bisher konnte sie stets auf Blockaden ihres rechtspopulistischen Koalitionspartners New Zealand First verweisen. Doch der flog aus dem Parlament. Ardern wird sich bald dank Corona bei wachsenden wirtschaftlichen Problemen entscheiden müssen, wem sie die größeren Opfer abverlangt und auf wessen Solidarität sie – dann vielleicht vergeblich – pochen muss.
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