Neujahrsansprache der Kanzlerin: Gegen Hass und Terror
In ihrer Rede ruft Angela Merkel zu Mitmenschlichkeit und Zusammenhalt auf. Dabei geht sie direkt auf die Anschläge des zuendegehenden Jahres ein.
Dass auch Flüchtlinge unter den Terroristen etwa in Würzburg, Ansbach und Berlin waren, sei „besonders bitter und widerwärtig“. Diese Menschen hätten die Hilfsbereitschaft Deutschlands mit ihren Taten verhöhnt. „Wie sie auch diejenigen verhöhnen, die tatsächlich unseren Schutz brauchen und verdienen“, sagte Merkel.
Sie bekräftigte aber im Kern ihre Flüchtlingspolitik: Mit den Bildern des zerbombten Aleppo in Syrien vor Augen sei es „wichtig und richtig (…), dass unser Land auch im zurückliegenden Jahr denjenigen, die tatsächlich unseren Schutz brauchen, geholfen hat, hier bei uns Tritt zu fassen und sich zu integrieren“.
Wo für die Sicherheit der Bürger politische oder gesetzliche Änderungen nötig seien, werde die Regierung „schnellstens die notwendigen Maßnahmen in die Wege leiten und umsetzen“, versicherte Merkel. Mit ähnlichen Worten hatte sie kurz vor Weihnachten auch auf den Lastwagen-Anschlag in Berlin mit zwölf Toten und mehr als 50 Verletzten reagiert. Diesen hatte nach den bisherigen Erkenntnissen am 19. Dezember der 24-jährige Tunesier Anis Amri begangen.
Keine Alternative zu Europa
Merkel beklagte zugleich „Zerrbilder“ zur Europäischen Union und zur parlamentarischen Demokratie. Zwar sei Europa langsam und mühsam. „Aber nein – wir Deutschen sollten uns niemals vorgaukeln lassen, eine glückliche Zukunft könnte je im nationalen Alleingang liegen.“
Die parlamentarische Demokratie wiederum ermögliche den Menschen Mitwirkung und Mitsprache. „Sie akzeptiert, nein, sie fordert Widerspruch und Kritik“, so Merkel. „Kritik, die friedlich und im Respekt vor dem einzelnen Menschen daherkommt, die Lösungen und Kompromisse sucht und nicht ganze Gruppen ausgrenzt.“
Die Kanzlerin empfahl „einen offenen Blick auf die Welt und Selbstvertrauen – in uns und unser Land“. Sie fügte hinzu: „Zusammenhalt, Offenheit, unsere Demokratie und eine starke Wirtschaft, die dem Wohl aller dient: Das ist es, was mich für unsere Zukunft hier in Deutschland auch am Ende eines schweren Jahres zuversichtlich sein lässt.“
Jedoch werde keiner dieser Werte „uns einfach so gegeben. Für jeden werden wir auch 2017 arbeiten müssen, alle gemeinsam, jeder nach seinen Möglichkeiten – und diese Arbeit wird sich lohnen.“ Vor der Bundestagswahl werde sie sich „für eine politische Auseinandersetzung einsetzen, bei der wir über vieles leidenschaftlich streiten werden – aber stets wie Demokraten, die nie vergessen, dass es eine Ehre ist, unserer Demokratie und damit den Menschen zu dienen“.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
Krieg in der Ukraine
Geschenk mit Eskalation
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste