piwik no script img

Neues NamensrechtWas lange währt, wird endlich doppelt

Kommentar von Charlina Strelow

Am 1. Mai ist ein neues Namensrecht in Kraft getreten, das echte Doppelnamen ermöglicht. Vor gut dreißig Jahren waren wir fast schon mal soweit.

Endlich den richtigen Knopf drücken

N eues Namensrecht zum 1. Mai: Endlich können beide Ehe­part­ne­r:in­nen einen Doppelnamen tragen und diesen auch an ihre Kinder weitergeben. Damit „gehen­ wir den ersten Schritt bei der überfälligen Modernisierung des Familienrechts“, so der damalige Justizminister Marco Buschmann bereits im August 2023.

Überfällig – das ist diese Modernisierung in der Tat. So überfällig, dass sie schon vor über 30 Jahren vorläufig existierte. Damals handelte es sich nicht um ein Gesetz, sondern um eine Übergangsregelung des Bundesverfassungsgerichts: Das entschied im März 1991, dass das bisher geltende Recht – einigt sich ein Paar nicht auf einen Ehenamen, wird es der des Mannes – nicht grundgesetzkonform sei.

Drei Jahre lang konnten Paare daraufhin in einer Übergangszeit Doppelnamen an ihre Kinder vergeben, wenn beide den eigenen Namen behalten wollten. 1994, im neuen Namensrecht, wurde diese Möglichkeit nicht mit aufgenommen. Schließlich steckte darin großes Konfliktpotenzial: Was wäre zum Beispiel, wenn zwei Menschen mit Doppelnamen heirateten? Würden sie dann nicht Kinder mit vier Nachnamen haben? Und möglicherweise Enkel mit acht Nachnamen?

Nach gerade mal drei Jahrzehnten scheinen endlich kluge Köpfe die Lösung für dieses wahrlich hochkomplexe Problem gefunden zu haben: Wenn zwei Leute mit Doppelnamen heiraten, könnten sie ja nur jeweils einen ihrer Namen miteinander kombinieren dürfen. Setzen, Sehr gut.

Toller Zufall!

Laut einer 2018 veröffentlichten Studie der Gesellschaft für deutsche Sprache (GfdS) (aktuellere Daten nicht vorhanden) entscheiden sich Paare bei etwa 75 Prozent der Eheschließungen noch immer für den Namen des Mannes. Die Namensforscherin Anne Rosar untersuchte die Gründe dafür. Auffällig war, dass sowohl Männer als auch Frauen oft erwähnten, dass der Name des Mannes schöner, attraktiver oder seltener sei. Was für ein toller Zufall, der ideal zur sozialen Norm passt.

Andere begründeten ihre Entscheidung mit „Tradition“. Trotzdem gaben Frauen über alle Alters-, Bildungs- und Herkunftsgruppen hinweg an, dass sie gerne ihren Namen behalten hätten. Doch was tun mit diesem Wunsch? Den Namen der Frau angenommen haben laut GfdS-Studie nur etwa 6 Prozent der Männer. Alternativ könnten beide ihre Familiennamen behalten. Wollen sie Kinder, verschiebt sich der Streitpunkt bloß auf später. Wenn es dann um die Nachfahren geht, werde wieder vorrangig der Name des Vaters genutzt, so Rosar. Eine weitere Möglichkeit, ihren Nachnamen dennoch zu behalten, waren die bisherigen Doppelnamen. Die gesetzliche Bezeichnung ist akkurater: Begleitnamen. Sie können von nur einem Partner (zu 88 Prozent der Frau) mit einem Bindestrich angehängt werden. Der Name ist dann schon irgendwie noch da, ja, aber auf den Rest der Familie hat er keine Auswirkungen.

Eine wirkliche Lösung für Partner:innen, die beide ihren Namen weitergeben wollten, gab es bisher eindeutig nicht. Natürlich muss keine Frau ihren Namen im Sinne des Feminismus behalten wollen. Und natürlich ist damit oft noch immer mehr Skepsis der Umfeldes verbunden. Annegret Kramp-Karrenbauer ist nur eins von vielen Beispielen, über deren Namen sich oft genug belustigt wurde. Doppelnamen nicht schön zu finden, ist völlig verständlich.

Schön ist aber, dass Paare zum ersten Mal seit 1991 einen wirklich fairen Kompromiss eingehen können; und dass Frauen eine höhere Chance haben, zu hinterfragen, ob sie wirklich zurückstecken wollen. Auch für aus dem konservativen Weltbild ausbrechende Lebensrealitäten wie etwa Patchwork-Familien stellt das neue Gesetz eine echte Bereicherung dar. Toll, dass es nach 30 Jahren doch noch geklappt hat.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

3 Kommentare

 / 
  • Die Entscheidungsunfähigkeit der Eltern nun auf die Kinder zu übertragen, die sich dann vor ihrer eigenen Hochzeit entscheiden müssen, welcher der Elternnamen in ihren Familiennamen übergehen soll, macht es nicht unbedingt besser.



    Den Familien mehr Entscheidungsfreiheit zu überlassen allerdings schon.



    Schöner fände ich eine Tradition, von der ich in Großbrittanien gehört habe. Dort ist das Namensrecht so flexibel, dass Ehepaare sich aus den beiden Nachnamen einen neuen einzelnen Nachnamen basteln können. Statt Kramp-Karrenbauer wäre das dann vielleicht Krampenbauer. Oder Karrp. Da sind dann wirklich beide Partner gleichberechtigt drin und die Kinder erhalten einen einzigen wirklichen Familiennamen.

  • Ganz so einfach war es über Jahrhunderte aber auch nicht mit dem Namensrecht:



    nhv-ahnenforschung.../Versteinerung.htm



    Die Westfalen sagen bei Familienbesuchen oft, man geht "nach" XY statt zu XY, das ist in der Tradition der Hofnamen verwurzelt.



    Mehr als 100 Millionen Chines*innen heißen übrigens Lee, die haben andere Probleme als Lee-Lee.

  • Für die Kinder wäre ja eine weitere Möglichkeit wünschenswert gewesen: Sie tragen bis zu einer eigenen Entscheidung beide Namen der Eltern und dürfen dann für sich selbst entscheiden, welchen Namen sie tragen wollen: Den nur eines Elternteils oder einen Doppelnamen nach Wunsch. Aber das entscheiden weiterhin die Eltern bei der Geburt des ersten Kindes für alle Kinder einheitlich und unabänderlich. Schade!