Neues Kabinett der Russischen Regierung: Kulturbanausin mit Ansage

Olga Ljubimowa, die neue russische Kulturministerin, mag keine Opern, keine Museen und auch kein Ballet. Ist sie die ideale Besetzung?

Die russische Kulturministerin Olga Ljubimowa

Sagt von sich selbst, sie sei kein kultureller Mensch: die russische Kulturministerin Olga Ljubimowa Foto: imago

BERLIN taz | Russlands Internet-Community ist in Aufruhr. „Selbst wenn Caligula sein Lieblingspferd Incitatur zum Chef einer Behörde ernannt hätte, wäre die Aufregung nicht so groß ausgefallen“, schreibt ein Autor auf dem Internet-Portal Swobodnaja Pressa (Freie Presse).

Aber es geht hier nicht um römische Geschichte, sondern um die neue russische Regierung. Genauer gesagt um Olga Ljubimowa, die sich fortan im Kabinett um kulturelle Belange kümmern soll. Kritiker fragen sich, was die heute 39-jährige verheiratete Mutter zweier Kinder auf diesem Posten zu suchen hat. Ein Hauptgrund für die Zweifel sind verschiedene Posts, die Ljubimowa zwischen 2008 und 2010 absetzte. In einem davon bekennt sie freimütig, sie hasse Museen, Ausstellungen, Art-Kino, Opern, Ballette und klassische Musik.

Dabei dürfte sie von den hohen Künsten in ihrer Kindheit einiges mitbekommen haben. Der Vater der gebürtigen Moskowiterin ist Rektor einer Theaterhochschule, die Mutter Schauspielerin. Von der fünften bis zur siebten Klasse war Ljubimowa Schülerin eines orthodoxen Gymnasiums. Danach studierte sie Journalismus und Theaterwissenschaften.

2001 ging Ljubimowa zum Fernsehen und arbeitete bis 2011 als Chefredakteurin bei verschiedenen Sendern und Programmen. Parallel dazu war sie Korrespondentin der Nachrichtenagentur der russisch-orthodoxen Kirche. Erst nach diesem Schritt habe sich ihre Beziehung zur Kirche, die sie zu Schulzeiten noch als „Al-Qaida-Camp“ empfunden habe, zum Positiven verändert, bekannte sie einmal in einem Interview.

Tochter aus elitärem Elternhaus

In die Nullerjahre fällt auch ein Post, der bei vielen für Kopfschütteln sorgte. Darin macht sich Ljubimowa über die Zivilgesellschaft lustig. „Was versucht ihr zu erreichen? Glaubt ihr wirklich, dass sie auf euch hören werden?“, fragt sie ironisch. Und fügt hinzu: „Ich habe den Rat eines Psychologen angenommen. Ich lebe in Moskau, in Russland – gemäß den Prinzipien eines Vergewaltigungsopfers. Ich liege auf dem Rücken, spreize meine Beine, atme tief durch und versuche es zu genießen.“

2015 wurde Ljubimowa in der Abteilung Film des Kulturministeriums Beraterin, drei Jahre später Direktorin. Im Monat ihres Dienstantritts wurde die britisch-französische Komödie „The Death of Stalin“, die die Ereignisse um den Tod des Diktators 1953 und Intrigen um seine Nachfolge lächerlich macht, in Russland verboten.

2019 lehnte sie es ab, einen Film über die beliebte Rockgruppe Maschina Wremeni (Zeitmaschine) anlässlich deren 50. Geburtstags staatlich zu fördern. Zur Begründung sagte sie: „Wir unterstützen unsere Feinde nicht.“

Der regimekritische Blogger Alexei Nawalny postete nach ihrer Ernennung ein älteres Foto von Ljubimowa, auf dem sie mit einem T-Shirt zu sehen ist, darauf die Aufschrift: „Fuck you!“ Was ein Nutzer mit den Worten kommentierte: Das zeige, dass die neue Ministerin zumindest mit populärer Folklore vertraut sei.

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