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Neues Album von The SmileSongs über die verdorbene Welt

Die Band The Smile mit Radiohead-Sänger Thom Yorke startete als Pandemie- und Nebenprojekt. Das zweite Album wirkt dicht, intensiv und überzeugend.

Auch wenn die Band so heißt, gelächelt wird nicht: The Smile Foto: Frank Lebon

Niemand singt wie Thom Yorke. Außer Thom Yorke natürlich. Seine hohe, dünne und trotzdem intensive Stimme breitet sich über die Flächen aus, die die Instrumente bauen, wie eine Nebelwand, und sickert in die Ritzen ein, die die Musik lässt. Diese Stimme wirkt fast schon immateriell, als würde ein Geist singen.

Der britische Popstar ist ja auch ein Geist aus einer jenseitigen Welt, in der es noch immer große Hallen füllende Rockbands gibt, die die Ränder des Musikgeschmacks mit dem Mainstream vereinigen, wie Radiohead oder, sagen wir, Talk Talk.

Bands, deren Rockmusik progressiv scheint im besten Sinne, nicht nur genresprengend, sondern tatsächlich voranschreitend, mit dem Versprechen, uns an wirklich an neue Orte zu führen. In „Under Our Pillows“, einem Song auf dem neuen Album von Yorks aktueller Band The Smile, singt der 55-Jährige: „Soft sung hymns from under your pillows (…) / Try to convert me with a voice I can only see through / That doesn’t have a heart beat.“ Aber am Ende des Songs heißt es „This is major league make believe“: Also nur ein Spiegeltrick, aber einer aus der obersten Liga.

Okay, die Wahrscheinlichkeit, dass Yorke hier über sich selbst reflektiert, ist eher gering. Schon immer singt der Engländer so anspielungsreich wie unkonkret über die Verderbtheit der Welt. Diese Stimme in „Under Our Pillows“, die durchsichtig ist und hinter der kein Herz schlägt, gehört wahrscheinlich eher einer Politikerin oder einem Tech-Milliardär, jemandem, der in das miese Geschäft involviert ist, über das er einen Song später in „Friend Of A Friend“ sinniert: „All of that money, where did it go? /In somebody’s pocket, a friend of a friend.“

Die Band The Smile ist als Pandemieprojekt entstanden, Thom Yorke und Jonny Greenwood von Radiohead wollten mit Jazz-Schlagzeuger Tom Skinner (Mitbegründer der inzwischen aufgelösten Londoner Jazzband Sons Of Kemet) Musik machen, die weniger aufwendig ist als das, was inzwischen von Radiohead erwartet wurde.

Versiert stoisches Schlagzeug

Ihr Debütalbum „A Light For Attracting Attention“ klang 2022 noch wie das, was es war: die Veröffentlichung eines ganz interessanten Nebenprojekts. Mit seinen 13 Songs wirkte es musikalisch etwas dünn und etwas beliebig. Auch die acht Songs auf dem jetzt erschienenen Zweitwerk „Wall Of Eyes“ klingen nicht eindeutig, sie mäandern von der düsteren Gitarrenballade zum Streicherarrangement mit dem für solche Crossover-Kooperationen bekannten London Contemporary Orchestra, von rhythmischem Postrock-Geschrammel bis zu frickeligem Progrock-Gegniedel.

Das Album

The Smile: „Wall Of Eyes“ (XL/Beggars/Indigo). Tour im Juni

Und das meist innerhalb eines einzigen Songs. Doch die Musik wirkt auf einmal absolut dicht, intensiv und überzeugend. Es ist nicht zuletzt das sehr stoische Schlagzeugspiel des versierten Jazzers Tom Skinner, das alles zusammenhält. Und die Streicher, an deren Einsatz und Klang vermutlich Produzent Sam Petts-Davies großen Anteil hatte, mit ihm hat Yorke schon am Soundtrack für das Remake des Horrorfilms „Suspiria“ zusammengearbeitet.

Geradezu erschreckend ist das Kippen von sanfter Verträumtheit zum lauten E-Gitarren-Exzess im Achtminuten-Stück „Bending Hectic“ – einer Todesvision, in der Thom Yorke in einem Sportwagen durch die italienischen Berge fährt und in einer Haarnadelkurve von der Straße abkommt. „I Quit“ heißt der vorhergehende Song, darin singt Yorke „I quit (…) This is my stop, this is the end of the trip“. Müssen wir uns diesmal wirklich Sorgen machen?

Klang „A Light For Attracting Attention“ noch sehr nach Proberaum, ist „Wall Of Eyes“ ein Album, das alles erfüllt, was man von einem neuen Radiohead-Werk hätte erwarten können. Und es stellt sich nun die Frage, ob es Radiohead acht Jahre nach ihrem letzten Album überhaupt noch gibt. Eine dieser scheinbar wirklich progressiven Bands, die aber natürlich niemanden an einen wirklich neuen Ort gebracht hat. Alles nur ein Spiegeltrick, aber einer aus der obersten Liga.

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