Neues Album von Banks: Müde nach dem Herzschmerz
Mal frivol, mal tragisch, immer ambivalent: Das Album „Serpentina“ der 33-jährigen Kalifornierin Banks erscheint beim Indielabel Awal.
Stichwort Ambivalenz. Auf der einen Seite erzählt Jillian Banks auf ihrem vierten Album „Serpentina“ aus dem Leben gegriffene Geschichten, andererseits hat sie keine Scheu, sich im „The Devil“-Video in Overkneestiefeln aus rotem Lackleder als männermordender Vamp zu inszenieren und ihren Liebhaber gnadenlos ins Verderben zu locken. „Ich bin nicht die Nette“, kokettiert die 33-jährige Kalifornierin nonchalant. Das laszive Flüstern im Intro gibt schließlich den Weg frei für zurückhaltenden Elektropop, der sich an Billie Eilishs „Bad Guy“ anzulehnen scheint.
Ähnlich frivol präsentiert sich Banks in „Fuck Love“. „Schleiche dich aus Lust an mich heran“, fordert sie völlig hemmungslos einen Mann auf. Dabei machen Trap-Beats und blubbernde Synthesizer musikalisch ein bisschen mehr Dampf. Doch die Künstlerin, die im San Fernando Valley, dem Speckgürtel von Los Angeles aufwuchs, kann auch ganz anders. In der Ballade „I Still Love You“ bekennt sie zu perlenden Klavierakkorden, dass sie nach wie vor etwas für ihren Ex empfindet. Da fällt ihr Blick auf eine Phase von Herzschmerz. Mittlerweile hat sie aber einen neuen Mann an ihrer Seite, mit dem es richtig rund läuft.
Darum lässt sich Banks in dieser Beziehung nichts zuschulden kommen, ohne ironischen Unterton bietet sie ihrem Partner im getragenen „Burn“ an: „Lege dein Gepäck auf meinen Rücken, mein Liebster.“ Ob privat bei der US-Sängerin inzwischen alles im Lot ist? Banks wagte mit dem Album „Serpentina“ jedenfalls in vielerlei Hinsicht einen Neustart – wie eine Schlange, die sich gehäutet hat.
Mit dem Erfolgsdruck der Musikindustrie hatte sie schon ziemlich lange gehadert. Also trennte sie sich von ihrer alten Plattenfirma, ihr aktuelles Album erscheint beim Indielabel Awal, das Künstler:innen kreative Unabhängigkeit garantiert.
Die nutzte Banks, um sich beim Kompositionsprozess ordentlich zu verschlanken. Diesmal holte sie nicht unzählige Kollaborateur:innen ins Boot, sondern beschränkte sich auf einige wenige Beteiligte. So wie in der Zeit, bevor das Debütalbum „Goddess“ ihr 2014 den Durchbruch bescherte und sie in zahlreichen Ländern in die Top 20 katapultierte. Plötzlich saß Banks bei Modenschauen in der ersten Reihe, Designer:innen riefen sie zu ihrer Muse aus.
Ihre Fans dagegen interessierten sich vor allem für ihre Musik, die bis heute elektronischen Pop mit R&B- und HipHop-Anleihen verwebt. Ob Coachella oder Lollapalooza: Die größten US-Festivals luden Banks ein. Sie tourte endlos, bis ihr Körper irgendwann streikte. Erst brach sie sich die Wirbelsäule, dann wurde bei ihr auch noch eine Autoimmunerkrankung diagnostiziert. Um weiterhin auftreten zu können, musste Banks ständig mit Steroidspritzen vollgepumpt werden.
Danach hatte sie Entspannung bitter nötig. Daheim in Los Angeles wollte sich Banks eigentlich von dieser Tortur erholen, der Beginn der Pandemie zog sie allerdings psychisch total runter. Diagnose: Depressionen und Angstzustände. Kein leichtes Los.
Zum Glück ist Kreativität bei Banks Lebensessenz, Musikmachen holte sie aus ihrem Tief. Den wohl besten Beweis dafür liefert „Spirit“, ein Duett mit dem New Yorker R&B-Sänger Samoth. Dieser Song stellt die Weichen für Gospel, während Banks Einblick in ihre düsteren Momente gewährt. Immer wenn sie das Gefühl hatte, aufgeben zu müssen, bekennt sie, sagte ihr etwas in ihrer Seele, dass sie noch nicht genug hatte. Das Kapitel der Traurigkeit dürfte nun geschlossen sein. Am Ende hat die Musik alle Wunden geheilt.