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Neues Abtreibungsrecht in ArgentinienGroßer Erfolg für die Frauen

Simone Schmollack
Kommentar von Simone Schmollack

Nicht nur in Argentinien, nicht nur, wenn es um Abtreibung geht, leiden Lateinamerikas Frauen. Doch den Machismo lassen sie sich nicht mehr gefallen.

Jubel in Buenos Aires nach der Abstimmung im Senat Foto: Flor Guzzetti/reuters

D ie Entscheidung des argentinischen Senats, Schwangerschaftsabbrüche zu legalisieren und kostenlos anzubieten, ist ein Riesenfortschritt für Frauen: Keine Frau muss mehr an einer Abtreibung sterben oder gesundheitliche Folgen befürchten, weil der Eingriff heimlich und nicht fachgerecht erfolgt.

Es ist aber vor allem auch ein Riesenerfolg für die feministische Bewegung in dem südamerikanischen Land. Denn in Argentinien ist der Katholizismus, der Abtreibung verteufelt, stark ausgeprägt. Auch wenn die katholische Kirche im Heimatland von Papst Franziskus inzwischen an Einfluss verliert, fühlen sich immer noch etwa 80 Prozent der Bevölkerung den katholischen Regeln verpflichtet.

Zahlreiche Frauenorganisationen haben jahrzehntelang für das Recht auf Abtreibung gekämpft. Und sie kämpfen weitehrin für Geschlechtergerechtigkeit. Diese Kämpfe fanden und finden nicht nur in Argentinien statt, sondern in zahlreichen Ländern Süd- und Lateinamerikas. Selbst in diesem Jahr, als Corona Demonstrationen und Kundgebungen erschwerte, haben Frauen auf dem Kontinent den Aufstand gewagt. Allein am 8. März, dem Internationalen Frauentag, haben sie massenhaft gestreikt und ein Zeichen gesetzt: So geht es nicht mehr weiter. Denn das Machtgefälle zwischen Frauen und Männern ist in Süd- und Lateinamerika noch stärker ausgeprägt als in Europa.

Von den 25 Ländern mit den weltweit höchsten Femizidraten liegen 14 in Südamerika. In Argentinien stirbt alle 30 Stunden eine Frau aufgrund geschlechtsspezifischer Gewalt. In Mexiko werden jeden Tag durchschnittlich 10 Frauen getötet – durch den Partner oder weil die Morde politisch motiviert sind. Der Gender Pay Gap beträgt in Argentinien 33 Prozent, in Kuba sind es 23 Prozent. Unter den Folgen der Misswirtschaft in Venezuela, Ecuador, Brasilien und Bolivien leiden vor allem Frauen und Kinder. Von Frauen wird erwartet, den Haushalt zu führen.

Diesen Machismo lassen sich die Frauen in Lateinamerika nicht mehr gefallen. Der Aufstand dagegen begann – als Bewegung „Ni una menos“ („Nicht eine weniger“) – 2015 in Buenos Aires.

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Simone Schmollack
Ressortleiterin Meinung
Ressortleiterin Meinung. Zuvor Ressortleiterin taz.de / Regie, Gender-Redakteurin der taz und stellvertretende Ressortleiterin taz-Inland. Dazwischen Chefredakteurin der Wochenzeitung "Der Freitag". Amtierende Vize-DDR-Meisterin im Rennrodeln der Sportjournalist:innen. Autorin zahlreicher Bücher, zuletzt: "Und er wird es wieder tun" über Partnerschaftsgewalt.
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