Neuer Vorsitzender der AfD Brandenburg: René Springer will in die Regierung
Mit dem Parteitag der AfD in Jüterbog endet wohl der Machtkampf in dem Landesverband. Mit schrillen Tönen wirbt der künftige Vorstand für eine „regierungsfähige“ AfD.
Springer folgt damit auf die bisherige Landesvorsitzende Birgit Bessin. Bessin verzichtete auf eine Kampfkandidatur und wollte so laut eigener Aussage dafür sorgen, dass die Partei vor den Landtagswahlen im September geschlossen auftritt. Noch vor zwei Jahren hatten sich sowohl Springer als auch Bessin um den Vorsitz beworben – damals unterlag Springer.
Dass er sich nun durchsetzen konnte, deutet darauf hin, dass im Landesverband das Lager um den Fraktionsvorsitzenden Hans-Christoph Berndt die Macht übernimmt. Berndt und Springer haben in einem Strategiepapier das Ziel ausgegeben, die AfD regierungsfähig zu machen. Ein professionelleres Auftreten soll sie demnach koalitionsfähig erscheinen lassen.
Bessin hingegen gilt als Vertraute des ehemaligen Landes- und Fraktionsvorsitzenden Andreas Kalbitz, der 2020 aus der Partei ausgeschlossen worden war. Kalbitz und seine Gefolgschaft stehen für die Strategie einer Fundamentalopposition.
Springer ist kein unbeschriebenes Blatt
Auch in seiner Bewerbungsrede warb Springer für eine Regierungsbeteiligung. Gleichzeitig wetterte er gegen die „Altparteien“, denen man „das Land aus den Klauen reißen“ werde. Ziel sei, „die Machtfrage“ zu stellen und „dieses Land vom Kopf auf die Füße zu stellen“. Routiniert klapperte Springer auch die weiteren AfD-Kernthemen ab – Gendern, „Überfremdung“, Russland, „Systemjournalisten“ – und erntete langanhaltenden Applaus.
Der künftige Landeschef ist kein unbeschriebenes Blatt. Im Januar sorgte er für Aufsehen, als er zu den Correctiv-Berichten über das Potsdamer Treffen von Rechtsextremen sagte, die dort geschmiedeten rassistischen Deportationspläne seien „kein Geheimplan“, sondern „ein Versprechen“ der AfD. Im September deckte die taz auf, dass Springer in seinem Bundestagsbüro einen Aktivisten der „Identitären Bewegung“ eingestellt hatte. Die rechtsextreme Organisation steht auf der Unvereinbarkeitsliste der Partei.
Springer hat Politikwissenschaft studiert, war als Zeitsoldat in Afghanistan – und bis 2009 Mitglied der SPD. Bereits vor seinem Eintritt in die AfD 2015 arbeitete Springer als persönlicher Referent von Alexander Gauland, damals Fraktionsvorsitzender im Landtag in Potsdam. Seit 2017 sitzt Springer im Bundestag.
Rückendeckung für die „Junge Alternative“
Der Parteitag bestimmte am Samstag auch weitere Vorstandsmitglieder, darunter Springers Stellvertreter. Gewählt wurden der Landtagsabgeordnete Daniel Freiherr von Lützow sowie Fraktionschef Hans-Christoph Berndt. Berndt, Mitgründer des rassistischen Vereins „Zukunft Heimat“ aus Cottbus, sprach in seiner Bewerbungsrede davon, Deutschland sei „auf dem Weg zur Diktatur“.
Zudem wurde der Bundesvorsitzende der AfD-Nachwuchsorganisation „Junge Alternative“ (JA), Hannes Gnauck, als Beisitzer in den Landesvorstand gewählt. Am Sonntag stärkte der Parteitag der JA weiter den Rücken: Mit großer Mehrheit wurde ein „Solidaritätsantrag“ angenommen. Die JA wird vom Verfassungsschutz seit 2023 als „gesichert rechtsextremistisch“ gelistet.
Vor der Halle in Jüterbog demonstrierten am Samstag etwa 150 Menschen, abgeschirmt von einem massiven Polizeiaufgebot. „Ganz Brandenburg hasst die AfD“, tönte es. Ein Bündnis aus Gewerkschaften, Jusos, der Grünen Jugend, der Linksjugend Teltow-Fläming und weiteren linken Gruppen hatte zum Protest aufgerufen.
In Umfragen liegt die AfD in Brandenburg derzeit mit rund 30 Prozent auf Platz eins, dahinter folgen, mit deutlichem Abstand, SPD und CDU. Das Landesamt für Verfassungsschutz stuft den Verband als „rechtsextremistischen Verdachtsfall“ ein. Der Spitzenkandidat für die Landtagswahl im Herbst soll – ebenso wie die Landesliste – auf zwei weiteren Versammlungen im April bestimmt werden. Fraktionschef Hans-Christoph Berndt hat bereits Ambitionen angemeldet.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
Krieg in der Ukraine
Geschenk mit Eskalation
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste