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Neuer VerfassungsschutzberichtKein Ausruhen gegen rechts

Konrad Litschko
Kommentar von Konrad Litschko

Innenminister Horst Seehofer betont zurecht die große aktuelle Gefahr durch Rechtsextremismus. Doch der Verfassungsschutz allein wird damit nicht fertig.

Klare Worte zum „Flügel“ der AfD: Seehofer bei der Vorstellung des Verfassungsschutzberichtes 2019 Foto: Thomas Imo/photothek/imago

E s war eine klare Botschaft, die Horst Seehofer und Verfassungsschutzchef Thomas Haldenwang am Donnerstag aussandten. Es ist der Rechtsextremismus, der dieses Land derzeit bedroht. Und das nicht nur mit den Fäusten stumpfer Gewalttäter, sondern auch mit den Zündeleien der geistigen Brandstifter, etwa der „Flügel“-Rechtsaußen in der AfD und Neurechter wie Götz Kubitschek.

Es ist die richtige Analyse in Zeiten, in denen Rechtsextreme in Kassel, Halle und Hanau morden, Waffen horten, einen Tag X beschwören. In denen die AfD es für ihren Markenkern hält, gegen Migranten und Muslime zu ätzen, und so Gewalt den Weg bereitet – mit einer Wirkung, die längst viel größer und gefährlicher ist als die einer NPD. Es ist zugleich eine unumgängliche Analyse. Zu welcher Einschätzung soll der Verfassungsschutz denn sonst kommen?

Denkt man an den früheren Amtschef Hans-Georg Maaßen, wäre anderes vorstellbar, sein Nachfolger Haldenwang geht hier aber einen klareren, anerkennenswerten Weg. Jedoch: Die Einsicht kommt spät. Denn bereits vor Jahren mordete der NSU, wurden Geflüchtetenunterkünfte angezündet, wiegelte Pegida BürgerInnen auf. Und der Staat schaute weitgehend zu. Im Fall des Oktoberfestattentats brauchte es gar 40 Jahre, bis die Bundesanwaltschaft die Tat nun als das einstuft, was sie von Anfang an war: rechtsextremer Terror.

Dabei ist es Aufgabe des Staates, diesen Hass zu zügeln und Minderheiten zu schützen. Und man sieht, was ein konsequentes Vorgehen bewirken kann. Die AfD zerlegt sich im Streit, wie mit der Beobachtung durch den Verfassungsschutz und mit ihren rechtsextremen Anführern umzugehen ist. Die neurechte Szene verliert ihre Onlineplattformen, Rechts­extreme werden durch Verbote wie das von Combat 18 verunsichert.

Und dennoch bleibt eine Leerstelle. Denn längst scheinen sich Rechtsextremisten auch in Polizei und Bundeswehr zu vernetzen. Auch dieses Problem existiert seit Jahren und ist mindestens genauso gefährlich. Die dortigen Extremisten haben Zugang zu Waffen und sensiblen Informationen, sind kampferprobt. Hier aber bleibt Haldenwangs Bericht blass. Und von Seehofer gibt es dazu keine klaren Worte – stattdessen ist ihm schon eine Studie zu Racial Profiling in der Polizei zu viel.

Es bleibt dabei: Der Verfassungsschutz und die Regierung allein werden den Rechtsextremismus nicht in den Griff bekommen. Es braucht den Druck der gesamten Gesellschaft dazu, auf allen Ebenen. Dass dabei etwa der Anschlag von Hanau mit zehn Toten öffentlich wie vergessen wirkt, ist beunruhigend. Es darf kein Vergessen solcher Taten geben, kein ­Ausruhen.

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Konrad Litschko
Redaktion Inland
Seit 2010 bei der taz, erst im Berlin Ressort, ab 2014 Redakteur für Themen der "Inneren Sicherheit" im taz-Inlandsressort. Von 2022 bis 2024 stellvertretender Ressortleiter Inland. Studium der Publizistik und Soziologie. Mitautor der Bücher "Staatsgewalt" (2023), "Fehlender Mindestabstand" (2021), "Extreme Sicherheit" (2019) und „Bürgerland Brandenburg" (2009).
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3 Kommentare

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  • Wer's glaubt, wird selig. Werteunion und CSU beteten ihr Mantra, rechts von der Union stünde die Wand, beständig herunter und nun missbraucht Seehofer sein Amt, um die Konkurrenz um den Platz an der Wand rechtzeitig zur kommenden Bundestagswahl zu zersetzen. Um mehr ging es hier nicht.

    Die Kollateralschäden sind immens. Damit es weiterhin offiziell mehr Links- als Rechtsextremisten gibt, wurde erneut die Rote Hilfe ins Visier genommen, hinzu kam eine linke Gewerkschaftsföderation, die FAU. Die taz berichtete nicht. Auch nicht darüber, dass erneut ein linkes Medium, de.indymedia, kriminalisiert wurde.

  • "Der Verfassungsschutz und die Regierung allein werden den Rechtsextremismus nicht in den Griff bekommen. Es braucht den Druck der gesamten Gesellschaft dazu, auf allen Ebenen". Ich finde politische Verantwortliche und verantwortliche Beamte im Staatsdienst müssen ENDLICH ihren Job erledigen auch mal ohne dass die Zivilgesellschaft sie mit Großdemos zum Jagen trägt. Seit Jahrzehnten haben allein zivilgesellschaftliche Initiativen + Medien auch die taz rechtsextreme Netzwerke, internationalen Verbindungen, Finanzierungsströme aufgedeckt, dokumentiert und vor der Gefahr gewarnt. Also quasi ehrenamtlich den Job des Verfassungsschutzes gleich mit zur Aufgabe der 4. Gewalt übernommen. JETZT ist der Staat gefragt. Beamte überprüfen und jeden entlassen der rechtsextrem daherredet oder gar handelt. Verfassungswidrige Worte und Taten sind eine Straftat sie müssen halt auch strafrechtlich verfolgt werden. Straflosigkeit wiegt Täter in Sicherheit und begünstigt die Ausbreitung der Netzwerke innerhalb staatlicher Institutionen. International hat sich eine Methode am besten bewährt. Sie wird seit Jahrzehnten von Wissenschaftlern, Amnesty und UN empfohlen: UNABHÄNGIGE KONTROLL- und ERMITTLUNGSINSTANZEN. Ansonsten läufts wie bisher. Dann verhindern Polizisten und Staatsanwälte die lieber ihre Berufskollegen schützen als die Verfassung dass es je zu Strafverfahren kommt und werden weiter Akten geschreddert und interne Zeugen die aussagen wollen gemobbt und bedroht. Es gibt genügend integre Beamten aber sie haben innerhalb des Systems Null Chance z.B. Straftaten zu melden. Dann verlieren sie ihren Job während die Übeltäter Karriere machen.

  • Darüberhinaus würde es noch helfen, wenn man rassistische Morde durch Polizeibeamte (Oury Jalloh) aufklären und entsprechend bestrafen würde.