Neuer „Republikchef“ der Ostukraine: Der Lenin-Fan von Donezk
Alexander Sachartschenko war Elektriker, Unternehmer und Militärkommandant. Der erklärte Leninist soll 80 Prozent der Stimmen erhalten haben.
Seinen „überwältigenden“ Sieg bei den Präsidentenwahlen in der international nicht anerkannten Volksrepublik Donezk (DNR) zelebrierte Alexander Sachartschenko, noch bevor alle Stimmen ausgezählt waren. Laut offiziellen Angaben sollen sich über 80 Prozent der Wähler für ihn ausgesprochen haben.
Glaubt man dem 38-Jährigen, brechen demnächst in dem international nicht anerkannten Pseudostaat paradiesische Zeiten an. Schließlich, so der dreifach verheiratete Familienvater im Wahlkampf, ähnele die DNR mit ihren Vorkommen an Kohle, Metallen und Erdgas den Arabischen Emiraten. Der Unterschied sei lediglich, dass in den Emiraten nicht gekämpft werde.
Im Gegensatz zu anderen importierten Anführern der prorussischen Separatisten ist Sachartschenko ein Einheimischer. Nach dem Abschluss der Schule absolviert er das Donezker Technikum für Industrieautomatisierung. Ein Studium am Donezker Juristischen Institut bricht er ab. Er beginnt als Elektriker im Bergbau zu arbeiten und ist anschließend als Unternehmer tätig. Eigenen Angaben zufolge verkauft er Anfang 2014 seine Firma, um die Separatistenbewegung finanziell zu unterstützen.
Am 16. April 2014 beteiligt sich der erklärte Lenin-Anhänger an der Erstürmung des Gebäudes der Donezker Regionalverwaltung. Im Mai wird Sachartschenko zum Militärkommandanten von Donezk ernannt und avanciert zum Vizeinnenminister der DNR. Im Juni wird er bei Kämpfen gegen die ukrainische Armee nahe dem Dorf Koschewnja verwundet.
Am 22. August und damit drei Wochen nach seiner Beförderung zum Regierungschef der DNR wird Sachartschenko Opfer eines Anschlags. Er bleibt unverletzt. Sachartschenko ist mit von der Partie, als am 5. September im weißrussischen Minsk ein Waffenstillstandsabkommen für den Donbass unterzeichnet wird.
Wie „ernst“ es ihm offenbar damit ist, zeigen seine Äußerungen zu „Neurussland“. Natürlich müssten der DNR weitere Gebiete einverleibt werden, auch die umkämpfte Hafenstadt Mariupol. „Wir müssen alle Territorien zurückbekommen, die uns gehören“, so sein Credo. „Sei es durch Verhandlungen oder auf anderem Wege.“
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