piwik no script img

Neuer Regierungschef in MarokkoReichster ernennt Zweitreichsten

König Mohammed VI. ernennt Multimilliardär Aziz Akhannouch zum Regierungschef. Seine Partei hatte zuvor die Parlamentswahlen gewonnen.

Aziz Akhannouch, zweitreichster Mann Marokkos, ist neuer Ministerpräsident Foto: Fadel Senna/afp

Madrid taz | Marokko ist endgültig eine Angelegenheit der reichen Männer: Der Wohlhabendste des nordafrikanischen Landes, König Mohammed VI., ernannte am Wochenende den Zweitreichsten, den Multimilliardär Aziz Akhannouch, zum Ministerpräsidenten.

Akhannouch war ehemals Landwirtschaftsminister und hatte vergangenen Woche mit seiner Gruppierung Unabhängige Nationalversammlung (RNI) die Parlamentswahlen gewonnen. Der wirtschaftsliberalen, monarchistischen Partei gehören mehrere einflussreiche Unternehmer Marokkos an.

Akhannouch, dessen RNI über 102 der 395 Abgeordneten verfügt, muss jetzt eine Koalition schmieden. Es bieten sich vor allem die einst von einem königlichen Berater gegründete Partei für Ehrlichkeit und Modernität (PAM) und die historische Unabhängigkeitspartei Istiqlal an. Die gemässigt-islamistische Partei für Gerechtigkeit und Entwicklung (PJD), die in den letzten zehn Jahren in Koalition mit der RNI die Geschicke des Landes lenkte, steht nicht zur Verfügung. Mit nur noch 13 statt bisher 125 Abgeordneten ist sie im neuen Parlament bedeutungslos.

Der 1961 im südmarokkanischen Tafraout geborenen Akhannouch gilt als enger persönlicher Freund von König Mohammed VI. Er gehörte seit 2007 als Minister für Landwirtschaft und Fischereiwesen unterschiedlichsten Regierungen an. Er behielt diesen Posten bis jetzt, nur unterbrochen von einer kurzen Periode, als er 2013 vom Monarchen vorübergehend zum Finanzminister ernannt wurde.

Auf Platz 12 der Forbes-Liste Afrikas

Akhannouch hat sein Vermögen vor allem dem Öl und Erdgasgeschäft zu verdanken. Als Chef der Akwa-Gruppe, zu der unter anderem die Tankstellenkette Afriquia gehört, steht er 2020 mit 1,7 Milliarden Euro in der Forbes-Liste auf Platz 12 der reichsten Männer Afrikas. In der Covid-Krise unterstützte Afriquia den königlichen „Coronavirus Pandemie Management Fonds“ mit umgerechnet 100 Millionen Euro.

Während die Politik – und allen voran die regierenden Islamisten – wegen ihres Krisenmanagements in Kritik gerieten, punktete der König mit diesem Fonds. Marokko ist eines der Länder in Afrika, die am schnellsten impften. Zum Einsatz kam vor allem ein chinesischer Impfstoff.

Akhannouch ist mit der Geschäftsfrau Salwa Idrissi verheiratet und hat drei Kinder. Idrissi ist eine von zwei Frauen aus Marokko, die es auf die Forbes-Liste der Geschäftsfrauen im Mittleren Osten geschafft haben. Sie besitzt eine Kette von Einkaufszentren und Filialen von Marken wie Gap, Zara und Galeries Lafa­yette. Diese Aufzählung liest sich wie eine Liste der Länder, in deren Einflussbereich sich Marokko bewegt: Gap ist US-amerikanisch, Zara spanisch und Lafayette französisch.

Eine der wenigen Zeitungen, die Akhannouch kritisierten, ist Akhbar al Yaoum. Sie veröffentlichte 2015 einen Artikel über Vetternwirtschaft aus dem Umfeld Akhannouchs. Der Herausgeber wurde daraufhin unter anderem zu einer Geldstrafe von 40.000 Euro verurteilt.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • 3G
    32533 (Profil gelöscht)

    Willkommen in den 'Goldenen' 20er-Jahren.

    Während der freie Werte-Westen in Beliebigkeit und Nebensächlichkeiten abgleitet, zeigt uns Marokko, wie es gehen könnte.

    Chapöchen sage ich da nur. Von Marokko lernen. Wer die beiden Reichsten in D sind, muss leider jeder Interessierte selbst herausfinden.

    Die ALDI Erben sind es wohl nicht. Früher war das 'Standing' der fleißigen Besserverdienenden auch mal besser. Heute will es keiner (gewesen) sein.