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Neuer Putsch in MaliDie Logik des Krieges

Dominic Johnson
Kommentar von Dominic Johnson

Mali ist ein Exerzierfeld für ausländische Truppen. Die Logik der Demokratie gerät unter die Räder.

Polizisten in Bamako, Mali Foto: dpa

M ali kommt nicht zur Ruhe. Ein Dreivierteljahr nach dem Militärputsch, der unter dem Beifall der Bevölkerung den gewählten Präsidenten aus dem Amt fegte, haben die Putschisten nun die von ihnen eingesetzten Übergangsmachthaber abgesetzt. Der zweite Coup des Spezialkräftekommandeurs Assimi Goita zeugt nicht nur davon, dass sein erster nicht die gewünschten Ergebnisse zur Folge hatte. Er unterstreicht auch, wer in Mali die oberste Instanz bleibt: die Armee beziehungsweise ihre stärksten Teile.

In dem bitterarmen Sahelstaat ist das nicht überraschend. Mali ist zum Exerzierfeld für ausländische Truppen geworden, die dort islamistische Terrorgruppen bekämpfen. Für die Kollateralschäden der Terrorbekämpfung – Militarisierung, grassierende Unsicherheit, Austragen ethnischer Konflikte mit der Waffe – ist Malis Staat zuständig. Natürlich sind unter diesen Umständen Malis Generäle die besseren Partner als ahnungslose zivile Politiker.

Man darf sich dann aber auch nicht beschweren, wenn diese Partner mit ihren Mitteln für eine politische Korrektur sorgen, falls aus ihrer Sicht etwas schiefläuft. Genau das ist jetzt in Mali geschehen. Auch in Tschad haben erst vor einem Monat nach dem Tod des Langzeitpräsidenten Idriss Déby an der Kriegsfront gegen Rebellen die hohen Generäle die Nachfolge geregelt – keine zivile Instanz. Kein Geringerer als Emmanuel Macron eilte daraufhin nach N’Djamena, um Tschads Generälen den Rücken zu stärken.

Das alles ist die Logik des Krieges. Aber die Logik der Demokratie gerät damit unter die Räder, und damit werden innere Konflikte auch in Ländern wie Mali nicht geringer, sondern heftiger. Denn wenn sich politische Gestaltungsmacht von militärischer Schlagkraft ableitet, ist das ein Anreiz für alle, die ein politisches Ziel verfolgen, selbst zu den Waffen zu greifen. Wer soll denn jetzt noch in Mali die Waffen niederlegen, wenn in der fernen Hauptstadt Bamako die Machtfrage sogar unter Uniformierten mit Gewalt geklärt wird? Und wenn das in der Hauptstadt der Fall ist, wie soll dann in der rechtlosen Saharawüste Frieden entstehen?

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Dominic Johnson
Ressortleiter Ausland
Seit 2011 Co-Leiter des taz-Auslandsressorts und seit 1990 Afrikaredakteur der taz.
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2 Kommentare

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  • Seit 1945 sind 14 Sahelzonen Länder darunter Mali mit allesamt inzwischen 155 Milionen Einwohnern*nnen nach Bretton Wood Weltwährungsabkommen 1944 als ehemalig französische Kolonien unter Pariser CFA Franc Währungzwangszonen Regime Fuchtel, bis an 80 % Devisen- , Goldreserven mittlerweile € angekoppelt, angeblich als Sicherheit französischer Nationalbank Paris als EZB Agenturmitglied Frankfurt/Main zu überlassen. jede politische Regung diesem Zwangsregime durch eigene nationale Währung zu entkommen wurde mit intervenierendem Einsatz aus Paris neben Rückzug von Diplomaten, Rückkehr der Generäle durch politische Morde unterbunden, Länder bis heute durch permanente Ausnahmezustände, Putschs, politische Morde, unter Schirm Strategie der Spannung zu halten. Wobei Ausrufung Krieges gegen sog. internationalen Terrorismus nach Nine Eleven 2001 ungeahnt eskalierend zu militärisch neuen Optionen führte. Inzwischen ist Bundewehr seit 2013 in Mali, mit französisch-deutsch Aachener Vertrag mit Militärkomponente 2019 zur Bestärkung Elysee Vertrages 1963, an EU, Nato Partnern vorbei, verstärkt mit Truppenkontingent Seit an Seit mit Frankreichs Militär nun auch in Niger präsent, zunächst öffentlich kaum registriert sogar ohne Bundestag Zustimmung.

    Wenn Frankreichs Präsident Emmanuel Macron da 2020 Nato für hirntot erklärt, ist das wohl eher Vater seines Gedankens, blauäugig deutsche Politiker*nnen aller politischen Farben weg von der Nato noch mehr für seine militärische Interventionspolitik und Alleingänge mit deutschen Finanzhilfen, Bundeswehr als Partner an sich zu binden?

  • 1G
    17900 (Profil gelöscht)

    2Kein Geringerer als Emmanuel Macron eilte daraufhin nach N’Djamena, um Tschads Generälen den Rücken zu stärken."

    Na klar, Macron wieder einmal. Er spannt auch Merkel gerne für seine Großmachtspläne ein, die blickt es aber nicht. Vor allem der Nachschub an Uran für französische AKWs muss reibungslos funktionieren.

    "Spitzt sich die Lage zu, kann im Notfall eine militärische Intervention unter französischer Führung folgen. Dabei fällt auf, dass bei der Betrachtung des vielschichtigen Konflikts in diesem Land – auch gerade in Telepolis geschehen (Der angekündigte Krieg) – das massive Interesse Frankreichs an seiner Versorgung mit Uran meist geflissentlich unter den Tisch fällt. Frankreich hängt aber als Atommacht und als Atomstromland von der Versorgung mit Uran ab. Die Abhängigkeit von dieser Region wird dabei immer größer. "



    (www.heise.de/ - 2012)

    Im Süden nichts Neues!