Neuer Film "Schwerkraft": Sinneswandel eines Bankangestellten
Mit "Schwerkraft" erzählt Maximilian Erlenwein vom Sinneswandel eines Bankangestellten. Großartig: Beinahe jede Szene funktioniert als in sich geschlossene dramatische Einheit.
Wir sehen einen Mann, der nachts in seinem Auto sitzt und heimlich eine Frau fotografiert - seine Ex, wie wir später erfahren werden. Wir sehen die klinisch-sterile Wohnung des Mannes inklusive Kaffeeautomat und Designersofa, die sorgfältig an einer Garderobenstange aufgereihten Hemden und Anzüge, daneben fünfmal das gleiche Paar schwarzer Lederschuhe. Schließlich sehen wir den Mann, der auf einem Heimtrainer monoton Körpertuning betreibt.
So beginnt "Schwerkraft" von Maximilian Erlenwein, ein Film über einen Bankangestellten namens Frederik Feinermann (Fabian Hinrichs). Als Feinermann eines Tages einen Kunden zum Rapport bittet, der seinen Kredit nicht rechtzeitig hat zurückzahlen können, erschießt sich dieser vor seinen Augen. Was folgt, ist ein radikaler Persönlichkeitswandel, weniger als Konsequenz von durchaus angebrachten Schuldgefühlen - schließlich hatte Feinermann selbst dem Mann den Kredit angedreht -, sondern als Folge einer plötzlich gewonnenen Freiheit. Diese resultiert aus dem Gefühl, etwas so Ungeheuerliches erlebt zu haben, dass darüber alles andere mit einem Mal verblasst.
Feinermann, der fortan die Disziplin zur Belanglosigkeit nicht mehr aufbringen kann, taucht ein in eine Nachtwelt, in der sein ehemaliger Bandkamerad, der Kleinkriminelle Vince (Jürgen Vogel) zu einer Art Mentor für ihn wird. Die beiden beginnen, die Wohnungen von Feinermanns Bankkunden auszurauben und die gestohlene Ware zu verkaufen.
Was Maximilian Erlenweins Abschlussfilm an der Deutschen Film- und Fernsehakademie Berlin zu einem solch großartigen Erlebnis macht, ist, dass hier beinahe jede Szene als kleine, in sich geschlossene dramatische Einheit funktioniert, ohne dass das Ganze in eine Aneinanderreihung von originellen Einfällen zerbröseln würde.
Immer wieder schlagen scheinbar harmlose Situationen ins Groteske um, etwa wenn Feinermann seine ausländische Haushaltshilfe, die nicht wirklich gut deutsch spricht, auf einen Espresso einlädt und ihr dabei vom Selbstmord in der Bank erzählt. Die Frau versteht nicht recht, was Feinermann sagt. Der Tonfall, in dem er redet, die Beiläufigkeit, lässt sie glauben, es handele sich um belanglosen Small Talk, weshalb sie die ganze Zeit über freundlich-affirmativ lacht. Maximilian Erlenwein ist es gelungen, verzweifelte Einsamkeit in zutiefst komische Bilder zu packen.
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