Neuer EVP-Chef Manfred Weber: Die Agenda setzen andere
Seit Merkels Abgang haben die Konservativen in der EU nicht mehr viel zu melden. Der neue EVP-Chef Weber soll das nun richten. Keine leichte Aufgabe.
E s ist noch gar nicht so lange her, da zog die Europäische Volkspartei (EVP) alle Strippen in der EU. Ohne die EVP und ihre illustren Politiker – von Elmar Brok bis Hans-Gert Pöttering, von Helmut Kohl bis Angela Merkel – ging gar nichts in Brüssel. Doch seit dem Abgang von Merkel sind die Schwarzen in der Versenkung verschwunden.
Nur ein halbes Dutzend EU-Länder werden noch von Christdemokraten und Konservativen regiert, das größte ist Österreich. Das sagt eigentlich alles über den atemberaubenden Machtverlust der EVP. Bei den EU-Gipfeln, wo einst Merkel den Ton angab, hat die europäische Parteienfamilie nichts mehr zu melden. Die Agenda setzen andere.
Mit ihrem Parteikongress in Rotterdam versuchen die Konservativen nun, den Trend umzukehren und wieder in die Offensive zu kommen. Am Dienstagabend haben sie Manfred Weber (CSU) zu ihrem neuen Vorsitzenden gekürt. Der Europapolitiker aus Bayern wurde mit 89 Prozent der Stimmen zum Nachfolger des Polen Donald Tusk gewählt.
Manfred Weber ist ein Parteisoldat
Ein Signal des Aufbruchs ist das allerdings nicht. Weber ist ein weltoffener und – für bayerische Verhältnisse – erstaunlich liberaler Politiker. Doch das Format von Tusk, der immerhin Regierungschef war, hat er nicht. Weber hängt immer noch seiner Niederlage bei der Europawahl 2019 nach. Er ist kein Gewinner-Typ, eher ein braver Parteisoldat.
Dass er die EVP wieder zu alter Größe führen kann, ist unwahrscheinlich. Das konservative Parteienbündnis lebt von seinen nationalen Führern, ein zweiter Kohl oder eine neue Merkel ist nicht in Sicht. Webers wichtigster Verbündeter ist der griechische Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis, doch der spielt auf EU-Ebene allenfalls in der 2. Liga.
Bei Russland-Themen kann die EVP noch punkten
Klar, die EVP hat auch noch Ursula von der Leyen. Die CDU-Politikerin hat es immerhin an die Spitze der EU-Kommission geschafft – also in das Amt, das Weber gerne erobert hätte. Doch auch ihr Stern sinkt. Beim EU-Gipfel Anfang dieser Woche wurde sie wegen ihrer miserablen Vorbereitung des Ölembargos gegen Russland angegriffen.
Dabei ist Russland das einzige Thema, mit dem die EVP derzeit trumpfen kann. Der russische Angriffskrieg in der Ukraine schweißt die Konservativen zusammen; endlich haben sie wieder ein – schon im Kalten Krieg bewährtes – Feindbild. Doch das reicht nicht, um Wahlen zu gewinnen. Die Europawahl 2024 wird zur Zitterpartie für die EVP.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Geschasste UN-Sonderberaterin
Sie weigerte sich, Israel „Genozid“ vorzuwerfen
MLPD droht Nichtzulassung zur Wahl
Scheitert der „echte Sozialismus“ am Parteiengesetz?
Mord an UnitedHealthcare-CEO in New York
Mörder-Model Mangione
Vertrauensfrage von Scholz
Der AfD ist nicht zu trauen
Förderung von E-Mobilität
Habeck plant Hilfspaket mit 1.000 Euro Ladestromguthaben
Fußball-WM 2034
FIFA für Saudi-Arabien