Neue griechische Regierung: Tsakalotos bleibt Finanzminister
Nur zwei Tage nach der Wahl steht das neue Kabinett in Athen. Viele Minister von Tsipras‘ bisheriger Regierung bleiben im Amt.
Der 55-jährige Tsakalotos war im Sommer bereits einen Monat lang Finanzminister, nachdem sein Vorgänger Jannis Varoufakis nach vielen Kontroversen mit Griechenlands internationalen Gläubigern zurückgetreten war. Der Wirtschaftsexperte Tsakalotos, der in Oxford studierte, ist entschieden für einen Verbleib Griechenlands in der Eurozone und genießt in der EU Respekt.
Tsakalotos ist nun maßgeblich für die Umsetzung der Spar- und Reformauflagen zuständig, die Griechenland der EU, der Europäischen Zentralbank (EZB) und dem Internationalen Währungsfonds (IWF) im Gegenzug für ein drittes Hilfspaket im Umfang von bis zu 86 Milliarden Euro zugesagt hatte. Ihm steht Giorgos Chouliarakis als Vize-Finanzminister zur Seite. Er war maßgeblich an den Verhandlungen mit Brüssel beteiligt.
Auch der vormalige Minister für Wirtschaft, Entwicklung und Tourismus, Giorgos Stathakis, und Außenminister Nikos Kotzias kehren auf ihre Posten zurück. Anel-Chef Kammenos gehört dem Kabinett wieder als Verteidigungsminister an. Das Innenministerium übernimmt der frühere Gesundheitsminister Panayotis Kouroublis. Giannis Mouzalas soll als Einwanderungsminister die Folgen der Flüchtlingskrise bewältigen.
16 Minister, 30 Vize-Minister
Dem neuen Kabinett gehören insgesamt 16 Minister sowie rund 30 Vize-Minister und Staatssekretäre an. Sie sollten am Mittwochmorgen vereidigt werden, wie Regierungssprecherin Gerovassili mitteilte.
Tsipras linksgerichtete Syriza-Partei war bei der vorgezogenen Parlamentswahl am Sonntag mit 35,5 Prozent erneut deutlich stärkste Kraft geworden. Um die notwendige absolute Mehrheit im Parlament zu bekommen, erneuerte sie ihr Bündnis mit der rechtspopulistischen Anel. Tsipras war im August zurückgetreten, nachdem ihm der linke Flügel seiner Partei die Gefolgschaft bei der Vereinbarung mit den Geldgebern verweigert hatte. Die von den Abtrünnigen gegründete Partei schaffte es allerdings nicht in das neue Parlament.
Am Mittwoch stand für den griechischen Regierungschef der EU-Sondergipfel in Brüssel zur Flüchtlingskrise auf dem Programm. Dabei seien auch „ausführliche Begegnungen“ mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker geplant, wie Tsipras‘ Presseabteilung mitteilte.
Die EU-Kommission erinnerte den linksgerichteten Regierungschef bereits eindringlich an seine Reformzusagen. Der IWF erklärte, er warte „mit Ungeduld darauf, mit der neuen Regierung an den notwendigen Maßnahmen zu arbeiten, um Griechenland auf den Pfad eines dauerhaften Wachstums zu bringen“.
Durch die Vereinbarung mit den internationalen Geldgebern ist das Regierungsprogramm in Athen weitgehend vorgezeichnet. Tsipras wird aber voraussichtlich versuchen, zumindest mit der Bekämpfung von Korruption und Vetternwirtschaft bei seinen Wählern zu punkten.
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