Neue deutsch-deutsche Impfallianz: Curevac verbündet sich mit Bayer
Der Aspirin-Konzern soll dem Tübinger Impfstoffentwickler bei der Produktion und dem Vertrieb seines künftigen Covid-Vakzins helfen.
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Als gemeinsames Ziel wollen sie mehrere Hundert Millionen Impfdosen zur Verfügung stellen. Die EU hat bei Curevac 225 Millionen Impfdosen bestellt, von denen Deutschland 40 Millionen zustehen. Die Bundesregierung war im vergangenen Frühjahr mit 300 Millionen Euro eingestiegen, nachdem die USA Interesse an dem Tübinger Unternehmen gezeigt hatten.
Mit der Bayer-Partnerschaft folgt Curevac dem Beispiel seines Rivalen Biontech, der schon im März vergangenen Jahres ähnliche Verträge mit den Konzernen Pfizer aus den USA und Fosun aus China abgeschlossen hat. Curevac hinkt mehrere Monate dem Mainzer Konkurrenten hinterher. Sein Impfstoff befindet sich noch in Phase drei der Erprobung, während Biontech bereits weltweit Zulassungen erhalten hat.
Ungleiche Verhältnisse
Biontech hatte im vergangenen Jahr bei den Gesprächen mit Pfizer einen Vorteil: Es gibt bereits seit 2018 eine laufende Zusammenarbeit mit dem US-Unternehmen. Dennoch ist die Zusammenarbeit mit einem Pharmariesen für einen Mittelständler heikel. Die Größenunterschiede sind beträchtlich: Pfizer hat 90.000 Mitarbeiter, Biontech hatte zu Beginn des Projekts 1.300 Mitarbeiter. Für Pfizer arbeiten mehr Juristen, als Biontech Mitarbeiter hat.
Noch ungleicher sehen die Verhältnisse zwischen Curevac und Bayer aus. Das Leverkusener Großunternehmen beschäftigt 100.000 Mitarbeiter, Curevac nur 500. Bayer macht 4 Milliarden Euro Gewinn im Jahr, das Tübinger Unternehmen kennt bislang nur Verluste.
Bayer hatte sich von Impfstoffentwicklung verabschiedet
Während Bayer als deutscher Konzern den Tübingern kulturell näherstehen mag, hat es im Vergleich zu Pfizer jedoch einen Nachteil: Das deutsche Unternehmen bietet schon lange keine Vakzine mehr an. Im Jahr 2000 hat Bayer seine Sparte für Tierimpfstoffe abgestoßen. Pfizer ist dagegen nicht nur eine Impfstoff-Großmacht, sondern hat auch eigene Kompetenzen im Umgang mit mRNA mitgebracht. Das US-Unternehmen konnte daher zügig eine Produktion nach dem Biontech-Verfahren für den nordamerikanischen Markt aufbauen.
Bayer kann zwar grundsätzlich mit seinen gewaltigen Ressourcen helfen – doch das Spezialwissen kommt weiterhin allein von Curevac. Das dürfte dazu beigetragen haben, dass es recht lange gedauert hat, bis Bayer sich zu einem Impfstoff-Engagement aufgerafft hat. „Ich kann mir vorstellen, dass wir, wenn nötig, den Herstellern von Corona-Impfstoffen Produktionskapazitäten zur Verfügung stellen“, sagte der Chef der Pharmasparte bei Bayer, Stefan Oelrich, der Wirtschaftswoche.
Markteinführung wahrscheinlich erst im Spätsommer
Curevac/Bayer ist im Impfstoffrennen nun hochwillkommen, doch auch die Beteiligung des größeren Pharmaherstellers wird den Zeitplan hierzulande nicht erdbebenartig verschieben. Biontech, der US-Hersteller Moderna und der britisch-schwedische Anbieter Astrazeneca werden voraussichtlich bis zur Jahresmitte genug Präparate für alle impfwilligen Deutschen liefern. Curevac hat in Mitteilungen aus dem vergangenen Jahr jedoch erst mit einer Markteinführung im dritten Quartal, also ab Juli 2021, gerechnet.
Die Zahl der bestätigten Infektionen stieg nach Angaben des Robert-Koch-Instituts (RKI) am Donnerstag um 26.391 auf 1.835.038 Millionen. Die Zahl der bundesweiten Impfungen lag bei 417.060. Verwendet wurde ausschließlich der Impfstoff von Biontech.
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