Neue Wohnungen in der Baukrise: Ampel verfehlt ihr Neubau-Ziel
400.000 neue Wohnungen pro Jahr wollte Bundesregierung. Jetzt ist klar: 2022 sind nur 295.300 entstanden. Immerhin gibt es einen leichten Zuwachs.
Wie viele der 2022 fertiggestellten Wohnungen Sozialwohnungen sind, ist allerdings noch nicht bekannt. Klar ist nur: Die Zahl der errichteten Einfamilienhäuser sank um 1,5 Prozent, während es ein Plus von 14,1 Prozent bei den Zweifamilienhäusern und einen Zuwachs von 1,5 Prozent bei den Mehrfamilienhäusern gab. Die Zahl der Neugenehmigungen ging um 7 Prozent auf 354.200 zurück. Der sogenannte Bauüberhang stieg weiter an: Zum Jahresende 2022 waren 884.800 Wohnungen genehmigt, aber noch nicht gebaut. Bei mehr als der Hälfte (462.900 Wohnungen) hatten die Bauarbeiten aber bereits begonnen.
Dass die Zielmarke der Bundesregierung von 400.000 neuen Wohnungen 2022 nicht erreicht wird, hatte sich schon länger abgezeichnet. Mit dem russischen Angriffskrieg haben sich die Baubedingungen enorm verschlechtert. Unterbrochene Lieferketten sowie höhere Material- und Energiepreise treffen auf steigende Bauzinsen und fehlende Fachkräfte. Zugleich ist der Bedarf an Wohnungen durch den Zuzug von Geflüchteten gestiegen.
Die Bundesbauministerin zeigte sich dennoch zuversichtlich. „Die Baufertigstellungszahlen zeigen, der Bau bleibt auch in der Krise stabil“, sagte Klara Geywitz (SPD) am Dienstag in Berlin. Das sei nicht das „Schreckensszenario, das von einigen an die Wand gemalt wurde“. Bürokratieabbau, Digitalisierung und eine verlässliche Förderung solle die Baubranche weiter unterstützen. Geywitz geht davon aus, dass in diesem Jahr 50.000 Sozialwohnungen fertig werden und es langfristig zu einem Anstieg kommt.
„Das Ziel von 100.000 neuen Sozialwohnungen ist im Jahr 2022 mit Sicherheit gerissen“, kritisierte die Wohnungspolitikerin Caren Lay (Linke) gegenüber der taz. Lay fordert neben einer Umbaustrategie, „um Leerstand im Bestand zu reaktivieren“, auch 15 Milliarden Euro pro Jahr für den sozialen Wohnungsbau. Zum Vergleich: In dieser Legislatur stellt der Bund dafür den Ländern bis 2026 nur 14,5 Milliarden Euro bereit. „Neue Büros oder Lofts brauchen wir keine, sehr wohl aber sozialen und gemeinnützigen Wohnungsbau“, sagte Lay. Dafür brauche es eine Neue Wohnungsgemeinnützigkeit sowie eine Bodenpreisbremse.
Die Baubranche warnte vor einem weiteren Einbruch in diesem Jahr. „Wenn jetzt politisch nichts passiert, dann ist der Wohnungsbau am Ende“, sagte der Bundesvorsitzende der Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG Bau), Robert Feiger. Die IG Bau fordert zur Abfederung ein Sondervermögen von 50 Milliarden Euro für den sozialen Wohnungsbau.
Der baupolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Daniel Föst, bezeichnete die Zahlen als „deutliches Warnsignal“. Der Staat müsse nun gegensteuern und „die staatsgetriebenen Kosten senken, die Normen und Vorschriften ausdünnen und endlich die ewigen Planungsverfahren verkürzen.“
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Kanzler Olaf Scholz über Bundestagswahl
„Es darf keine Mehrheit von Union und AfD geben“
Weltpolitik in Zeiten von Donald Trump
Schlechte Deals zu machen will gelernt sein
Einführung einer Milliardärssteuer
Lobbyarbeit gegen Steuergerechtigkeit
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Trump macht Selenskyj für Andauern des Kriegs verantwortlich
Wahlarena und TV-Quadrell
Sind Bürger die besseren Journalisten?
Emotionen und politische Realität
Raus aus dem postfaktischen Regieren!