Neue Wohngemeinnützigkeit: Soziale Vermieter bekommen Steuervorteile
Die neue Wohngemeinnützigkeit kommt: Sie soll dauerhaft für bezahlbare Mieten sorgen. Die Linke sieht darin aber einen „Etikettenschwindel“.

Diese Möglichkeit können zum Beispiel sozial orientierte Stiftungen, Vereine, kommunale Unternehmen oder Unternehmen der Sozialwirtschaft nutzen. Das Prinzip ist einfach: Wer bezahlbaren Wohnraum zur Verfügung stellt, bekommt Steuervorteile. Nach Schätzungen des Bauministeriums könnten sich die Steuererleichterungen „auf ein- bis zweitausend Euro pro Wohnung und Jahr belaufen“. Die angebotene Miete muss aber dauerhaft unter der marktüblichen Miete liegen.
Laut Gesetzentwurf soll gezielt an Menschen vermietet werden, deren Einkommen nicht mehr als das Fünffache, bei Alleinstehenden und Alleinerziehenden mehr als das Sechsfache der Sozialhilfe beträgt. Die Hilfebedürftigkeit muss nur „zu Beginn des jeweiligen Mietverhältnisses vorliegen“. Laut Bundesbauministerium können durch diese festgelegten Einkommensgrenzen rund 60 Prozent der Haushalte in Deutschland von der neuen Wohngemeinnützigkeit profitieren.
Das Besondere ist: Mit der Wohngemeinnützigkeit sollen Wohnungen dauerhaft bezahlbar bleiben. Beim sozialen Wohnungsbau ist eine reduzierte Miete je nach Förderprogramm immer nur für einen bestimmten Zeitraum vereinbart. Danach darf nach den Regeln des freien Marktes vermietet werden. Die neue Wohngemeinnützigkeit ersetzt aber nicht den sozialen Wohnungsbau, es ist lediglich eine weitere Möglichkeit.
Die Investitionszulagen fehlen
Die Einführung der neuen Wohngemeinnützigkeit ist ein vereinbartes Vorhaben der Ampelregierung – doch es wird nur teilweise umgesetzt. Im Koalitionsvertrag hieß es, man werde „zeitnah eine neue Wohngemeinnützigkeit mit steuerlicher Förderung und Investitionszulagen auf den Weg bringen.“ Die Investitionszulagen, also staatliche Subventionen, sind nun aber nicht vorgesehen. Das ist nicht nur der schwierigen Haushaltslage geschuldet. Die FDP ist grundsätzlich kein großer Befürworter einer Wohngemeinnützigkeit. Ihr war wichtig, dass die etablierte Wohnungswirtschaft durch die Einführung nicht benachteiligt wird.
Die Bundestagsabgeordnete und Wohnungspolitikerin Hanna Steinmüller (Grüne) begrüßte deshalb zwar die Einführung, sprach aber von einer „Spar-Version der Wohngemeinnützigkeit.“ Um einen „schlagkräftigen gemeinnützigen Sektor auf dem Wohnungsmarkt“ zu etablieren, brauche es „unbedingt Investitionszulagen für die berechtigten Unternehmen.“
Die Bundestagsabgeordnete Caren Lay (Linke) bezeichnete die neue Wohngemeinnützigkeit als „Etikettenschwindel“. Es sei nicht zu erwarten, „dass kommunale Wohnungsunternehmen oder Genossenschaften angesichts der spärlichen Steueranreize und ohne ein begleitendes Investitionsprogramm unter das Dach der Gemeinnützigkeit schlüpfen werden“, kritisierte sie.
Auch der Deutsche Mieterbund, der seit Langem eine Wiedereinführung der Wohngemeinnützigkeit fordert, ist nicht überzeugt. Die Regelung werde „nach Ansicht von Fachleuten nur den Unternehmen helfen, die bereits gemeinnützig sind“, kritisierte Mieterbund-Präsident Lukas Siebenkotten schon im Juni.
Bis 1990 gab es in der Bundesrepublik eine Wohngemeinnützigkeit. Diese wurde unter der damaligen schwarz-gelben Regierung abgeschafft, die auf die Kräfte des Marktes setzen wollte. Dem vorangegangen war auch ein Korruptionsskandal des gemeinnützigen Wohnungsbauunternehmens „Neue Heimat“.
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