Neue Vorwürfe im Abgasskandal: Gutachter sieht das Recht missachtet
Martin Führ erhebt schwere Vorwürfe gegen Alexander Dobrindt und das Kraftfahrtbundesamt. Sie hätten bestehende Gesetze falsch ausgelegt.
Die vom Verkehrsministerium eingesetzte Untersuchungskommission war zu der Erkenntnis gelangt, dass fast alle Diesel-Hersteller Abschalteinrichtungen benutzen, die zu vielfach überhöhtem Stickoxidausstoß im realen Betrieb führen. Außer bei VW hielt die Kommission dieses Vorgehen jedoch nicht für strafbar, sondern sah es durch Ausnahmeregelungen gedeckt.
Diese Auffassung, der sich Dobrindt angeschlossen hatte, weist Gutachter Führ zurück. Es gebe „keine Rechtfertigung“ für Einrichtungen, die die Abgasreinigung etwa bei niedrigen Temperaturen abschalten, schreibt er. Für die betroffenen Fahrzeuge sei daher „die Typzulassung von Anfang an rechtswidrig“ gewesen und müsse zurückgenommen werden.
Dem Kraftfahrtbundesamt, das Dobrindts Ministerium unterstellt ist, wirft das Gutachten „eine fortdauernde und schwerwiegende Missachtung des Rechts“ vor. Dies könnte neben politischen auch strafrechtliche Konsequenzen haben. Die „Negierung des Rechts durch die beteiligten Akteure“ biete den Anlass, die Strafbarkeit zu prüfen. Die Hersteller hätten möglicherweise in „Kollusion mit den öffentlichen Stellen“ agiert. Damit meinen Juristen so etwas wie ein stillschweigendes unerlaubtes Zusammenwirken.
Das Verkehrsministerium kommentierte das Gutachten auf Anfrage bis Redaktionsschluss nicht.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Debatte um SPD-Kanzlerkandidatur
Schwielowsee an der Copacabana
Urteil nach Tötung eines Geflüchteten
Gericht findet mal wieder keine Beweise für Rassismus
BSW und „Freie Sachsen“
Görlitzer Querfront gemeinsam für Putin
Papst äußert sich zu Gaza
Scharfe Worte aus Rom
Wirtschaftsminister bei Klimakonferenz
Habeck, naiv in Baku
Hype um Boris Pistorius
Fragwürdige Beliebtheit