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Neue Videoüberwachung in BremenZwei Kameras, wenig Kritik

In Bremen-Gröpelingen wird ein zentraler Platz mit Videokameras überwacht. Der Datenschutzbeauftragte hat dem nicht zugestimmt.

Man muss genau hinschauen, um sie zu finden: Zwei kleine Kameras hängen oben am Mast an der rechten Straßenseite Foto: Franziska Betz

Bremen taz | Auf den ersten Blick gar nicht so leicht zu finden sind die beiden Kameras, die seit Freitag den Bürgermeister-Koschnick-Platz überwachen. Die Bremer Polizei hat sie installiert, um für ein „Plus an Sicherheit für die Anwohnerschaft“ zu sorgen, wie sich Innensenator Ulrich Mäurer (SPD) in einer Pressemitteilung zitieren lässt.

Seine Behörde will mit der Überwachung potenzielle Straf­tä­te­r*in­nen abschrecken, die Strafverfolgung erleichtern und das Sicherheitsgefühl der Menschen erhöhen. Ob es wirklich sinnvoll ist, öffentliche Plätze mit Videokameras zu überwachen, ist allerdings umstritten.

Für die Innenbehörde ist der Anlass für die Überwachung klar. Sie hat „vermehrt Straftaten“ auf dem Platz festgestellt. Rund 1.500 waren es in den vergangenen zwei Jahren. Auch die Leiterin des Ortsamts West, Cornelia Wiedemeyer, spricht von einer „eskalierten Situation“. Ende Mai gab es auf dem Platz eine Massenschlägerei mit mehreren Verletzten, im April war ein Mann mit einer Machete in einen Streit verwickelt. Die Polizei griff ein, verletzt wurde niemand. Seit dem vergangenen Herbst habe die Gewalt zugenommen, sagt Wiedemeyer.

Am Montagvormittag ist von all dem nichts zu sehen. Die beiden Kameras hängen hoch oben auf einem Laternenmast direkt neben einem Einkaufszentrum. Eine Familie sitzt an der Straßenbahnhaltestelle, Menschen gehen mit ihren Einkäufen über den Platz. Einige sitzen auf den neu errichteten Steinbänken vor der Sparkasse. Ein paar ältere Männer sitzen vor einer Bäckereikette und trinken Tee.

In anderen Städten hat die Kriminalität nicht abgenommen

Steffen Bothe, stellvertretender Landesdatenschutzbeauftragter

Der Bürgermeister-Kosch­nick-Platz ist ein zentraler Platz in Gröpelingen, dem Stadtteil im Bremer Westen, in dem besonders viele Menschen von Transferleistungen leben. Das Pro-Kopf-Einkommen ist im Durchschnitt eher niedrig und die Arbeitslosigkeit hoch. Rund 40 Prozent der Ein­woh­ne­r*in­nen haben Migrationsgeschichte, im Rest von Bremen sind es knapp 30 Prozent.

Die Meinungen zur Videoüberwachung gehen hier auseinander. Ein Kioskbesitzer sieht bereits erste Erfolge. „Die trauen sich nicht mehr, was zu machen“, sagt er. „Die“ das sind seiner Meinung nach die schwarzen Menschen, die auf dem Platz mit Drogen handeln. Nach einer „Messerstecherei mit Besoffenen“ habe hier zwei Wochen lang ein Polizeiauto gestanden, das durch die Kameras ersetzt wurde. Seitdem sei es hier ruhiger.

Direkt vor dem Laden sitzen ein paar Männer und trinken Bier. „Über Kamera beobachtet zu werden, finde ich schon unangenehm“, sagt einer von ihnen. Ein anderer sagt: „Solange das nicht missbraucht wird, ist es doch gut.“ Ein wenig Sorge hat er aber schon, dass er „wo reingezogen wird“, wenn aufgezeichnet wird, dass er hier öfter sitzt.

„Wir sehen das kritisch“, sagt Steffen Bothe, stellvertretender Landesbeauftragter für den Datenschutz in Bremen. Deshalb habe seine Behörde der Videoüberwachung „nicht zugestimmt“. Er habe erhebliche Zweifel, ob die Überwachung das geeignete Mittel zur Kriminalitätsbekämpfung sei. „In anderen Städten, wie etwa in London, hat die Evaluation ergeben, dass die Kriminalität nicht abnimmt“, so Bothe.

Auf die Frage, auf welche konkreten empirischen Erkenntnisse sich die Auffassung stütze, dass Videoüberwachung sinnvoll sei, antwortet die Innenbehörde, man habe „verschiedene Kriminalitätsparameter statistisch ausgewertet“. Immerhin hätten Bothes Einwände dazu geführt, dass die Speicherfrist der Videoaufnahmen von einem Monat auf zwei Wochen verkürzt worden sei.

Evaluation in drei Monaten

„Ich finde das super“, sagt eine Frau, die in einem Geschäft auf der anderen Straßenseite arbeitet. Es sei hier „ein kleiner Wilder Westen“, sagt sie und erzählt von einer Schießerei, die hier vor kurzem stattgefunden habe. Gleichzeitig sei sie „traurig, dass immer gesagt wird, dass das alles hier ist“. Sie würde nicht sagen, dass dieser Stadtteil schrecklich und unsicher sei.

Eine Kundin, die dem Gespräch lauscht, sagt, sie sei hier aufgewachsen und fühle sich sicher. Von den Kameras habe sie noch nichts mitbekommen. Auch Schilder, die auf die Überwachung hinweisen, sind am Montagmorgen noch nicht direkt am Platz zu sehen, obwohl dies gesetzlich vorgeschrieben ist. In den umliegenden Straßen gibt es nach Angaben der Innenbehörde aber derzeit zehn provisorische Schilder.

In drei Monaten soll die Überwachung durch die Polizei, die Innenbehörde und die Landesdatenschutzbeauftragten ausgewertet werden. Innerhalb eines Monats soll dann über den Verbleib der Kameras entschieden werden.

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