Neue UN-Menschenrechtskommissarin: Michelle Bachelet wechselt zur Uno
Chiles Ex-Präsidentin muss von der Vollversammlung noch bestätigt werden. Es wäre Bachelets zweiter Job bei den Vereinten Nationen.
Michelle Bachelet wird die neue UN-Kommissarin für Menschenrechte. An diesem Freitag soll die UN-Vollversammlung der Ernennung der früheren chilenischen Präsidentin zustimmen. Verläuft alles wie geplant, dann tritt die 66-Jährige am 31. August die Nachfolge des scheidenden Jordaniers Seid Ra’ad al-Hussein an. Bachelet hat bereits UN-Erfahrung. Von 2010 bis 2013 leitete sie die Behörde UN Women, die sich mit der Gleichstellung und die Rechte von Frauen befasst.
Michelle Bachelet kam am 29. September 1951 in Santiago zur Welt, als Tochter eines Luftwaffenoffiziers und einer Archäologin. Als Jugendliche zog es sie zur Sozialistischen Jugend der Partei von Präsident Salvador Allende, in der ihr Vater für die Lebensmittelversorgung zuständig war. Der Militärputsch von Augusto Pinochet am 11. September 1973 war eine jähe Zäsur: Vater Alberto widersetzte sich, wurde gefangengenommen und starb 1974 an den Folgen der Folter.
Auch Michelle Bachelet und ihre Mutter kamen in ein berüchtigtes Folterzentrum, wurden geschlagen und misshandelt. Nach ihrer Freilassung flohen sie über Australien ins Exil in die DDR. In Leipzig studierte Michelle Bachelet Deutsch, an der Berliner Humboldt-Universität Medizin. Sie heiratete einen ebenfalls exilierten Chilenen. Aus der Ehe stammt ihr erstes von drei Kindern.
Nach der Rückkehr 1979 nach Chile wurde sie Kinderärztin und arbeitete nach dem Ende der Diktatur 1990 im öffentlichen Gesundheitswesen. Politisch engagierte sie sich bald in der sozialistischen Partei und befasste sich mit Militärpolitik. Im Jahr 2000 ernannte sie der sozialistische Präsident Ricardo Lagos zunächst zur Gesundheitsministerin. 2002 wurde sie die erste Verteidigungsministerin Lateinamerikas. Vier Jahre später die erste Präsidentin Chiles.
Erste Amtszeit: Massive Schülerproteste
Doch damals nahmen selbst Parteifreunde Bachelet nicht für voll. Ihre erste Amtszeit ist von massiven Schülerprotesten für ein besseres Schulsystem, einem Verkehrschaos infolge eines neuen Nahverkehrssystems in der Hauptstadt und einem Erdbeben mit der Folge eines verheerenden Tsunamis geprägt. Zwar blieben grundlegende Reformen aus, aber es gelang ihr, ein Maßnahmenpaket zu schnüren, das Chile glimpflich durch die internationale Finanz- und Wirtschaftskrise 2008 kommen ließ.
Nach dem Ende der ersten Amtszeit übernahm sie den Posten an der Spitze der neu geschaffenen UN-Behörde für Gleichstellung und Ermächtigung der Frauen, kurz UN Women.
2014 trat sie abermals zur Präsidentschaftswahl an. Diesmal mit dem Versprechen, eine Verfassungs- und Bildungsreform sowie die Lockerung des Abtreibungsverbots anzuschieben. Doch Korruptionsvorwürfe gegen ihren Sohn und ihre Schwiegertochter legten sich wie Mehltau über nahezu die gesamte Amtszeit und ließen ihre Imagewerte steil nach unten gehen. Geschickt nutzte die rechte Opposition die Lage zur Blockadepolitik.
Immerhin konnte sie eine Lockerung des strikten Abtreibungsverbots durchsetzen.
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