piwik no script img

Neue Studie an der Uniklinik EppendorfTrotzen Kinder dem Virus?

Das UKE untersucht an Kindern in der Klinik die Häufigkeit und Schwere von Corona-Infektionen. Die Leiterin der Studie befürwortet Tests in Kitas.

Wie schlimm trifft das Virus die Kleinen? Eine Studie soll das zeigen Foto: Marta Fernández Jara/dpa

Hamburg taz | Die Leiterin der Kinderklinik am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE), Ania Muntau, hat sich für Covid-19-Tests bei Kindern in Kitas und Schulen ausgesprochen. Bei einer Pressekonferenz sagte sie, dass es „durchaus eine machbare Sache“ wäre, „diese Kinder in größerer Zahl zu untersuchen“.

Bei der Entscheidung, ob man kleinere und größere Kinder wieder in die Kitas und Schulen lassen solle, seien solche Tests ein „extrem hilfreiches Instrument“. Doch im Moment plane das UKE dies nicht, „weil wir hierzu einen expliziten Auftrag aus dem politischen Raum erhalten müssten“.

Indes stellte Muntau gestern eine Studie namens „C19.Child“ für Klinken vor, von der sich die Fachärztin für Pädiatrie ebenfalls wichtige Erkenntnisse erhofft. Bei rund 6.000 Kindern und Jugendlichen, die in allen Hamburger Kinderkliniken gegenwärtig stationär oder ambulant versorgt werden, soll in den nächsten Wochen ein Nasen-Rachen-Abstrich gemacht werden, um zu sehen, ob sie eine akute Infektion mit dem Virus haben. Zudem sollen Blutuntersuchungen klären, ob die Kinder bereits immun gegen das Virus sind. Der entsprechende Antikörpertest liegt jetzt vor.

Die Studie soll zeigen, wie häufig sich Kinder infizieren und wie anfällig sie für einen schweren Verlauf der Covid-19-Infektion sind. Das Hamburger UKE hatte bisher noch keinen solchen Fall bei einem Kind. Jüngste Nachrichten aus New York wiesen aber darauf hin, dass an die 100 Kinder an einem gefährlichen Entzündungssyndrom litten, dass dem Kawasaki-Syndrom ähnelt und bei zu später Behandlung Herzschäden verursacht. Hier seien frühe medizinische Gegenmaßnahmen wichtig, sagte Muntau.

Senat wollte frühere Studie nicht

Die ausschließlich durch Spenden finanzierte Studie soll auch untersuchen, ob chronisch kranke Kinder ein Risiko für einen schwereren Verlauf bei der Krankheit haben und wie hoch das Risiko der Verbreitung durch Kinder ist, die selbst keine Symp­tome haben.

Muntau sagte auf die Frage, ob die Studie nicht etwas spät komme, sie habe schon früher eine Studie geplant, die nicht starten konnte, „aus politischen Erwägungen heraus“. Das Abendblatt berichtet, dass UKE-Ärzte vor ein paar Wochen 10.000 Jungen und Mädchen auf dem Heiligengeistfeld testen wollten, was nach Einspruch aus dem Senat nichts geworden sei.

Muntau sagte, man dürfe nicht unterschätzen, dass Eltern und Kinder ohne die Kita in einer schwierigen Lage seien. Könne man mit Evidenz dafür sorgen, dass man Kinder mit wenig Sorge in die Kitas lassen könne, sei sie „gerne dabei zu helfen“. Sie sehe auch die Not der Betreuer. „Wir müssen wissen, was mit denen ist.“

Leila Moysich, Geschäftsführerin des Kitaträgers Sternipark, fordert denn auch regelmäßige Tests von Kitakindern und Mitarbeitern. Denn das erlaube, die Kitas zügiger und sicherer zu öffnen. In Hamburg dürfen zuerst die Vorschulkinder in die Kitas zurückkehren, während die Krippenkinder noch lange warten müssen.

Moysich fände es gut, „wenn es in Hamburg eine Studie mit 1.000 Kitakindern gäbe, aus der man Schlüsse über das Infektionsgeschehen ableiten kann“. Zwar startete das UKE bereits Ende April eine Studie zur Immunität der Hamburger Bevölkerung, an der Kinder und Enkel der Testpersonen beteiligt sind, doch das ersetzt nicht die geforderte Kitakinder-Studie. Auch die Linken-Kita-Politikerin Insa Tietjen spricht sich dafür aus, „zu testen, ob sich die Kita-Öffnung auf das Infektionsgeschehen auswirkt oder nicht“.

Die Hamburger Gesundheitsbehörde erklärt indes, Reihentestungen in Kitas oder Schulen seien „bislang nicht geplant“. Hamburg halte sich an die Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts. Und dort würden bisher Tests bei symp­tomfreien Personen „in der Regel nicht empfohlen“.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

4 Kommentare

 / 
Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • Betrifft: Kinder und Covid-19: auch in einem Artikel in Le Monde 2020-05-12 wird eine leicht erhöhte Zahl an Notaufhahmen von Kindern mit Myocarditis festgestellt. Eine Ähnlichkeit mit dem Kawasaki-Syndrom wird auch erwähnt. Zum Teil wurden die Kinder positiv auf SARS-CoV-2 getestet, zum Teil negativ -- obwohl die Symptomatik aus (vermutlich?) NMR an Covid-19 erinnert.

    Eine Vermutung ist, dass es sich um post-infektiöse Immunreaktionen handelt, die auch bei anderen viralen Infektionen bekannt sind.

  • Es wäre doch eine Erwähnung wert gewesen, dass eine ähnliche Studie in BaWü bereits läuft, initiiert von der Landesregierung und umgesetzt von den vier Universitätskliniken im Land, an insgesamt 2000 Testpersonen. Letzte Woche sollte die Datenerhebung bereits abgeschlossen werden.



    Vielleicht weiß man ja in Hamburg auch davon - oder auch nicht, denkbar wäre es, skandalös wäre es auch.

  • Die Hamburger Gesundheitsbehörde erklärt indes [...] Hamburg halte sich an die Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts. Und dort würden bisher Tests bei symp­tomfreien Personen ‚in der Regel nicht empfohlen’.“

    Hm. Wie wichtig war das RKI vor Corona, wie wichtig war es auf dem Höhepunkt der Pandemie, wie wichtig ist es jetzt und wie wichtig wird es nach Corona sein? Eben.

    • @mowgli:

      Gut, dass ich das jetzt weiß:



      Wenn der Fall eintritt, für den eine Institution überhaupt existiert, wird sie als "wichtigtuerisch" empfunden.



      Analog dazu dann das Bundesamt für Strahlenschutz beim Reaktorunfall und das Technische Hilfswerk bei Sturmflut.



      In der Reaktion sehe Ähnlichkeiten zum Angreifen von Rettungspersonal beim Verkehrsunfall.