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Neue Statistik des BamfMehr Flüchtlinge in eigener Wohnung

Raus aus der Sammelunterkunft: Rund drei Viertel der Geflüchteten, die seit 2013 kamen, leben inzwischen in Privatwohnungen oder Häusern.

Der Umzug von einer Gemeinschafts- in eine Privatunterkunft jst für Geflüchtete nicht einfach Foto: Lichtgut/imago

Berlin taz | Sechsbettzimmer und Gemeinschaftsbad, oder doch der eigene Familienname am Klingelschild? Immer mehr Geflüchtete leben inzwischen in Privatwohnungen statt in Gemeinschaftsunterkünften. Das geht aus einer Kurzanalyse des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (Bamf) hervor, die am Mittwoch veröffentlicht wurde. Demnach lebten 75 Prozent der Befragten 2018 in privaten Wohnungen oder Häusern. 2016 waren es noch 54 Prozent.

Laut Statistischem Bundesamt lebten 2018 rund 215.000 Geflüchtete in deutschen Sammelunterkünften. Grundlage der Kurzanalyse ist eine Befragung von Geflüchteten, die zwischen 2013 und 2016 nach Deutschland kamen und hier einen Asylantrag gestellt haben. Auch andere Haushaltsmitglieder wurden befragt. Ob das Asylverfahren bereits abgeschlossen ist oder wie es ausgegangen ist spielte dabei keine Rolle.

Zwar sei die Zahl derer, die in Privatwohnungen leben, gestiegen – dennoch sei anzunehmen, dass ein Umzug von einer Gemeinschafts- in eine Privatunterkunft „für Geflüchtete nicht einfach“ sei. Grund seien rechtliche und bürokratische Hürden sowie Diskriminierungserfahrungen oder Informationsdefizite.

Die positive Entwicklung erklären die Forscher*innen zum einen durch „fortschreitende Integration“, aber auch dadurch, dass weniger Geflüchteter nach Deutschland kommen. Neuankömmlinge werden in Deutschland zunächst in Erstaufnahmeeinrichtungen untergebracht.

Unterschiedlich frei

Seit 2016 gelten zudem verschärfte Auflagen zur Wohnortwahl: Auch für anerkannte Geflüchtete gilt seither, dass sie bis zu drei Jahre in dem Bundesland bleiben müssen, dem ihr Asylverfahren zugeordnet wurde. Die Länder können zusätzliche Einschränkungen etwa auf bestimmte Orte vornehmen – wovon unter anderem Baden-Württemberg, Bayern oder Nordrhein-Westfalen Gebrauch machen.

Wie schon 2016 gaben 34 Prozent der Befragten an, bei der Wohnsitzwahl an ein bestimmtes Bundesland gebunden zu sein. 38 Prozent müssen ihren Wohnort an einem bestimmten Ort in Deutschland nehmen, sieben Prozent weniger als noch 2016. Diese Menschen, darunter vor allem Geduldete, lebten 2018 sogar seltener in einer privaten Unterkunft als noch 2017 – ihr Anteil sank von 35 auf 30 Prozent.

Geflüchteten sei eine freie Wohnsitzwahl „grundsätzlich sehr wichtig.“ Die Präferenz für ländliche Regionen ist dabei in den vergangenen Jahren stark zurückgegangen, vor allem bei Menschen, die bereits in solchen Regionen leben. Die Forscher*innen gehen davon aus, dass Menschen nach Auslaufen der Wohnsitzbeschränkungen vermehrt in Städte ziehen.

„Schutzsuchenden geht es in Privatunterkünften deutlich besser“, sagte Pro-Asyl-Geschäftsführer Günter Burkhardt der taz. Die „Massenlager“ seien „Instrumente der Abschreckung, die eine desintegrative Wirkung haben.“ Zuletzt hätte die Coronapandemie gezeigt, dass dort das Ansteckungsrisiko ungleich höher sei. „Die Bamf-Studie bestätigt die Forderung der in der Flüchtlingsarbeit Tätigen: Auflösung der Sammellager und Integration von Anfang an“, so Burkhardt.

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