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Neue Spielregeln im FußballGeklaute Fairness

Ab sofort gibt es wieder Änderungen im Fußball-Regelwerk. Um Zeitspiel zu unterbinden zum Beispiel. Hat man da etwa bei anderen Sportarten gespickt?

So soll das, wenn es nach den Fußball-Regelhütern geht, eher nicht zugehen Foto: Lobeca/imago

Es gibt mal wieder neue Fußballregeln. Seit dem 1. Juli gelten diese laut dem International Football Association Board (IFAB). Und damit auch für die Teams, die in der Schweiz gegeneinander ­antreten. Nein, mit einer „Regel-Revolution“, wie die Bild-Zeitung es nennt, hat das sicherlich nichts zu tun.

Aber es werden wieder ein paar Kleinig­keiten anders sein, manches zunächst etwas ungewohnt erscheinen, für die Spielerinnen und auch für diejenigen, die im Stadion oder vor den Bildschirmen die Spiele verfolgen. Wobei, ganz neu sind die Regelungen nicht. Ausprobiert wurden sie sozusagen schon bei der U21-EM der Männer im Juni und auch bei der gerade laufenden Klub-WM.

Da wäre zum einen die neue Zeitspielregel. Diese soll verhindern, dass die Torfrau eines Teams den Ball zu lange unbegründet festhält, um die Zeit zum eigenen Vorteil verstreichen zu lassen. Bislang war das so geregelt, dass der Schiri nach – gefühlten – sechs Sekunden einen indirekten Freistoß für das gegnerische Team pfiff.

Nun gilt: Hält die Keeperin den Ball länger als acht Sekunden fest, gibt es einen Eckball. Der U21-DFB-Torhüter Noah Atubolu fand das nicht so toll. „Ein bisschen Hektik“ bringe das Ganze. Denn: Der Unparteiische muss die letzten fünf der acht Sekunden auch noch sichtbar, heißt mit der Hand, als Countdown zählen.

Kapitänsregel gilt weiterhin

So, wie man das eigentlich aus dem Basketball kennt. Dort werden Zeitbegrenzungen oftmals vom Schiri per Countdown mit der Hand angekündigt. Basketball scheint in letzter Zeit nicht die einzige Sportart zu sein, von der sich die Regelhüter des IFAB etwas abschauen, um den Fußball fairer zu gestalten.

Vom Rugby zum Beispiel wurde die sogenannte Kapitänsregel übernommen. Schon zur Männer-EM 2024 beschloss die Uefa, dass bei Beschwerden und Entscheidungen zu strittigen Aktionen nur noch der Kapitän mit den Referees sprechen darf. Damit sollen Rudelbildung und heftige Diskussionen, Beleidigungen und Gesten vermieden werden. Seitdem gilt die Regel in allen deutschen Ligen und bleibt auch bei der EM jetzt bestehen.

Und dann gibt es da noch eine neue Elfmeter­regel, die vermutlich nur in sehr seltenen Fällen hervorgeholt werden wird. Im Champions-League-Achtelfinale der Männer war nämlich Julián Alvarez von Atlético Madrid etwas sehr Ärgerliches passiert: er rutschte während eines Elfmeters aus und berührte den Ball unabsichtlich mit beiden Füßen. Der Treffer zählte nicht. Und dann schied Atlético auch noch gegen Real Madrid aus.

Nun wurde die Regel gelockert. Passiert die Doppelberührung versehentlich und der Ball landet im Netz, wird der Elfmeter wiederholt. Ähnlich wie im Tennis beim Netzroller. Fast könnte man unterstellen, hier habe man schon wieder bei einer anderen Sportart gespickt.

Und was ist mit dem VAR?

Mittlerweile eingebürgert hat sich im Fußball ja der Videobeweis. Etwas, das es übrigens in anderen Sportarten wie Fechten oder Tennis auch schon länger gibt. Ziel bei dieser EM sei es aber – so das Referee-Team – die Zahl der VAR-Eingriffe möglichst zu reduzieren.

Mal schauen, irgendeine Diskussion um eine vermeintlich falsche Schiri-Entscheidung gibt es am Ende immer.

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11 Kommentare

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  • Warum sollte man nicht bei anderen Sportarten spicken, wenn es vernünfig ist?



    Es gab doch viele Möglichkeiten, mehr Fairness einzubringen.

  • Und ich sag es nochmal: Die beste Strafe für Zeitspiel sind Zusatzminuten für das gegnerische Team. Welchen Grund sollte ich noch haben 30 Sekunden zu schinden, wenn das gegnerische Team dafür einen 2 Minuten Bonus erhält?? Simple und effektiv.

    • @QuantumRider:

      Eigentlich genial, jedoch im allgemeinen Mimimi der Fußballer und der Anhänger schwierig zu halten. Denn es müsste ja nun mindestens zwei Spielzeiten geben. Zunächst also die reguläre, die gegen die zeitspielende Mannschaft mittels Strafminuten angereichert wird. Und dann noch die reguläre ohne Zusatz für den Fall, dass das zurückliegende Team das Spiel dreht. Es wäre also möglich, dass beim Spielstand von 1:0 für den Fußballclub A eine Nachspielzeit von acht Minuten angezeigt wird, das Spiel aber bereits nach vier Minuten der Nachspielzeit abgepfiffen wird, weil inzwischen die Betriebssportgemeinschaft B 2:1 führt und damit die womöglich sechs Zeitspiel-Strafminuten abgegolten sind, die sich im Laufe des Spiels gegen A gestapelt hatten. B hatte sich zuvor ja kein Zeitspiel zuschulden kommen lassen. Wenn man Fußballern diese Sudden-Death-Situation vor Augen führte, ginge das vermutlich nicht, weil: Das hatten wir ja noch nie.

  • Da lob ich mir doch wieder den Rugbysport. Wenn bei uns jmd wegen einer Verletzung liegen bleibt, wird einfach weitergespielt, eben drum herum. Ganz einfach. Der Spieler wird, während das Spiel weiterläuft, von der med. Abteilung vom Platz geleitet.

    Kleine Anekdote am Rande, während der Fußball-WM in Südafrika 2010, schrieb eine südafrikanische Sportreporterin folgenden Satz: "Ich habe nun, nach dem Beobachten einiger WM-Spiele, festgestellt, Rugby ist ein Sport für....* und Fußball für Schauspieler.**"

    *für Personen jeglichen Geschlechts, die austeilen aber auch einstecken können!

    **bleibt maskulin Plural

    • @Achim Schäfer:

      Football - a gentlemen's game played by hooligans. Rugby - a hooligan's game played by gentlemen.

  • Der beste Vorschlag, den ich zum Thema Zeitspiel bislang gehört habe, ist bei jedem verzögerten Einwurf, Abstoss, ect. nach einer bestimmten Zeit abzupfeifen und Freistoß für den Gegner zu geben. Im Strafraum dann eben indirekt. Damit kriegt man zwar die Schauspielerei nicht weg, aber in ganz vielen Situationen wäre man da klar.

  • Gut aufgeführt. Die Zeitspielregel wird vor allem italienische Mannschaften unangenehm berühren - die beherrschen Zeitspiel in Perfektion.

  • Die Kapitänsregel solle mal nachdrücklicher durchgesetzt werden, man sieht noch relativ oft Rudelbildung, bei der mehrere Spieler auf den Schiri einreden (wollen).



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    Dies ist absichtlich nicht gegendert, Frauen sind viel disziplinierter. Weniger Fouls, weniger Reklamieren, weniger Unsportlichkeit.

    • @Ciro:

      Da sind Sie schon länger nicht mehr auf dem neusten Stand. Die Professionalisierung des Frauenfußballs hat eine Angleichung des "Spielstils" mit sich gebracht.

    • @Ciro:

      Ist statistisch sicherlich richtig, aber wer gestern SUI-NOR gesehen hat, weiß dass auch Frauen unsportlich (Zeitspiel) sein können. In dem Fall sogar wiederholt und gezielt, insbesondere die auffällige Häufung von zeitraubenden "Wechselmissverständnissen" der Norwegerinnen habe ich so noch nicht einmal bei Spielen der Männern gesehen.

  • Für jede gelbe Karte wegen Zeitspiels gibt es für das gegnerische Team optional 3 zusätzliche Minuten, die man bei Bedarf einlösen kann. Zusätzlich gibt es eine optionale Minute pro normaler gelber Karte, damit das auch endlich mal weh tut wenn man sich daneben benimmt. Das würde Zeitspiel effektiv verhindern.