Neue Show „Cancel me“ von John Cleese: Don't mention the war
Die Diskussion um gecancelte Comedy geht weiter: In seiner neuen Show „Cancel me“ lädt John Cleese Aktivist*innen und gecancelte Comedians ein.
W ir Deutschen haben ja bekanntlich keinen Humor. Das hatte im vergangenen Jahr auch die BBC eingesehen und die Folge „The Germans“ aus der Serie „Fawlty Towers“ aus ihrem Repertoire gestrichen. Das ist die, in der die deutschen Tourist*innen vom Hotelbesitzer Basil Fawlty parodiert werden, der im Stechschritt durch seinen Laden hüpft und „Don’t mention the war“ blökt. Aus dem Programm flog das Ganze, weil in der gleichen Episode ein Army-Major im Ruhestand rassistisch über ein karibisches Cricket-Team herzieht.
Die daraus entstandene Diskussion war schon 2020 absurd und ist es immer noch. Da wird eine fiktionale Figur wie dieser Major Gowen mit dem klaren Ziel vorgeführt, diese Figur und ihre Ansichten lächerlich zu machen und zu diskreditieren. Und dann nehmen alle das, was diese Figur sagt, plötzlich eins zu eins ernst und empören sich?
Damit wird das Ganze doch erst aufgewertet und bekommt genau die Glaubwürdigkeit angedichtet, die ja gerade nicht gemeint war. Oder wie John Cleese, der Basil Fawlty spielt, schon damals sagte: „Wenn du jemandem Schwachsinn in den Mund legst, um dich über diese Figur lustig zu machen, machst du dich nicht mit ihren Ansichten gemein. Du machst dich über sie lustig. Wenn die Leute zu blöd sind, das zu begreifen, weiß ich nicht mehr, was ich sagen soll.“
Mittlerweile sind noch ganz andere Sternstunden britischer TV-Comedy in Ungnade gefallen. Am schmerzlichsten ist das Aus für „Little Britain“. Hier nahmen David Walliams und Matt Lucas die „Britishness“ per se aufs Korn, so, wie es wohl nur, nun ja, bei den Brit*innen geht. Cleese, dem Rest der Monty-Python-Truppe, Walliams und Lucas oder ihren diversen Nachfolger*innen vorzuwerfen, sie seien Rassist*innen oder zumindest nicht „woke“, ist schade. Und definitiv nicht lustig. Sondern gefährlich für die künstlerische und mediale Freiheit.
Die Debatte hat immerhin dazu geführt, dass „The Germans“ wieder gezeigt werden darf. Allerdings mit entsprechenden Warnhinweisen. Dann können sie ja auch bei der „Tagesschau“ Hinweisschilder mit der Aufschrift machen: „Hier nur traurige Nachrichten, bitte nicht lachen“, meint die Mitbewohnerin. Sie schlägt schon lange vor, wenigstens freitags immer ’ne Ausgabe nur mit guten Nachrichten zu senden.
John Cleese legt jetzt nach. Für Channel 4 präsentiert er im September die Show „Cancel me“. Darin trifft er sich mit Menschen, die wegen Verstößen gegen die Political Correctness gedisst wurden, und Aktivist*innen, die dafür gesorgt haben. Aber solange sich alle an die goldene Regel halten, kann ja nichts schiefgehen. In diesem Sinne: „Don’t mention the war!“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Anbrechender Wahlkampf
Eine Extraportion demokratischer Optimismus, bitte!
Russische Männer auf TikTok
Bloß nicht zum Vorbild nehmen
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei