Neue Regierung für den Libanon: Nationale Einheit, inklusive Hisbollah
Nach Monaten hat der Libanon wieder eine Regierung. In ihr sind fast alle Parteien vertreten. Auch die radikale Schiiten-Partei Hisbollah ist beteiligt.
BEIRUT dpa | Nach monatelangen Querelen hat der Libanon wieder eine Regierung. Ministerpräsident Tammam Salam stellte am Samstag in Beirut sein Kabinett der nationalen Einheit vor. Ihm gehören Minister aller Parteien mit Ausnahme der Gruppe des früheren christlichen Milizenchefs Samir Geagea an.
Das wichtige Innenministerium wird künftig von dem Sunniten Nihad Maschnuk geleitet. Er gehört der Zukunftsbewegung an, die der 2005 ermordete frühere Regierungschef Rafik Hariri gegründet hatte. Außenminister wird Dschubran Basil. Er wurde von der Bewegung des christlichen Ex-Generals Michel Aoun nominiert, die mit der radikalen Schiiten-Partei Hisbollah verbündet ist.
Die Regierungsbildung in Beirut war durch den Bürgerkrieg im benachbarten Syrien erschwert worden. Denn die schiitische Hisbollah kämpft in Syrien auf der Seite des Regimes von Präsident Baschar al-Assad. Viele libanesische Sunniten sympathisieren mit den Rebellen.
Die Parteien hatten in den letzten Tagen vor allem über die Besetzung des Innenressorts gestritten. Die Hisbollah hatte die Ernennung des ehemaligen Chefs der Behörde für innere Sicherheit, Aschraf Rifi, zum Innenminister abgelehnt. Rifi, der den Kriegseinsatz der Hisbollah in Syrien wiederholt kritisiert hatte, wird nun Justizminister.
Salam versprach, seine Regierung werde sich vorrangig um eine Verbesserung der Sicherheitslage kümmern. In den vergangenen Monaten hatten sunnitische Terrorgruppen mehrere Anschläge in den Wohnvierteln von Hisbollah-Anhängern verübt.
Postenvergabe nach Religion
Insgesamt dauerte die Bildung einer neuen Regierung nach dem Rücktritt von Ministerpräsident Nadschib Mikati fast elf Monate. Mikati hatte im März 2013 sein Amt niedergelegt, nachdem der Streit um ein neues Wahlgesetz eskaliert war. Außerdem hatte ihm die Hisbollah ihre Unterstützung entzogen.
Im Mai endet die Amtszeit von Präsident Michel Suleiman. Außerdem muss ein neues Parlament gewählt werden. Nach einem religiösen Proporzsystem muss der Ministerpräsident im Libanon immer ein sunnitischer Muslim sein. Nur maronitische Christen können Präsident werden. Der Posten des Parlamentspräsidenten ist für die Schiiten reserviert.
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