Neue Regeln für Lebensmitteletiketten: Allergene müssen größer werden
Am Samstag treten neue Regeln für die Beschriftung von Lebensmitteln in Kraft. Doch was bedeuten die neuen Kennzeichnungen? Ein Leitfaden.
Was ändert sich durch die neue Regelung?
Auf verpackten Lebensmitteln finden Kunden künftig mehr und detailliertere Informationen über das Produkt als vorher. Das betrifft zum Beispiel Nährwerte, Allergene und Herkunft.
Was genau muss künftig angegeben werden?
Hersteller sind laut der neuen Regelung verpflichtet, bestimmte Informationen auf die Verpackung zu drucken. Dazu gehören verwendete Nanomaterialien, der Koffeingehalt und die Art von pflanzlichen Ölen und Fetten – etwa als Palmfett oder Kokosfett – und gegebenenfalls die Info, dass es sich bei dem Stück Fleisch in Wirklichkeit um zusammengesetzte Fleischstücke handelt.
Für gefrorenes Fleisch, Fleischerzeugnisse und unverarbeitete Fischprodukte ist die Angabe des Einfrierdatums Pflicht. Zudem müssen 14 als Hauptallergene eingestufte Bestandteile in der Zutatenliste besonders hervorgehoben werden, etwa durch Großbuchstaben. Dazu gehören glutenhaltiges Getreide, Eier, Milch- und Fischerzeugnisse sowie Erdnüsse.
Die Pflichtangaben müssen in einer Schriftgröße von mindestens 1,2 Millimetern gedruckt werden – Referenzbuchstabe ist das kleine x. Bei Verpackungen, deren Fläche kleiner ist als 80 Quadratzentimeter, sind auch 0,9 Millimeter erlaubt. Wer Lebensmittel über das Internet verkauft, muss alle Pflichtangaben schon vor dem Verkauf auf der Website zugänglich machen.
Was geschieht sonst noch?
Fleischproduzenten haben noch etwas länger Zeit. Sie müssen ab April 2015 Schlacht- und Aufzuchtsort der Tiere bei unverarbeitetem und vorverpacktem Fleisch von Schweinen, Schafen, Ziegen oder Geflügel kennzeichnen. Bei Rindfleisch wurden schon nach der BSE-Krise Kennzeichnungspflichten eingeführt. Allerdings: Sobald die Tiere zu Wurst oder Fertiggerichten verarbeitet werden, darf die Info wegfallen. Die Nährwerttabelle, in der der Hersteller etwa die Anteile von Fett, Kohlenhydraten und Zucker angibt, wird erst in zwei Jahren Pflicht.
Wo gilt das?
Basis für die Neuerungen ist die europäische Lebensmittelinformationsverordnung. Die neuen Regeln gelten also EU-weit. Einzelne Aspekte, wie etwa die Allergenkennzeichnung bei loser Ware, dürfen die Mitgliedstaaten aber selbst regeln.
Und was bedeutet es, wenn eine Pflichtangabe nicht auf der Verpackung steht?
Dann kann es sich entweder um eine alte Verpackung handeln. Die dürfen noch abverkauft werden – und zwar ohne zeitliche Begrenzung. Oder es ist ein Verstoß gegen die neue Regelung. Dann können sich Verbraucher an die jeweilige Behörde für Lebensmittelüberwachung wenden.
Was ändert sich nicht?
Zu viel – das ist zumindest die Ansicht von Verbraucherschützern. Zum Beispiel muss Erdbeereis, das auf der Verpackung mit großen Erdbeeren beworben wird, auch künftig nicht in maßgeblichen Mengen Erdbeeren enthalten.
Ob Tiere, deren Bestandteile oder Produkte verarbeitet werden, mit gentechnisch veränderten Lebensmitteln gefüttert wurden, erfahren die Käufer nicht. Auch eine verbindliche Kennzeichnung von vegetarischen und veganen Produkten fehlt, nach Branchenangaben gab es dazu noch keine Einigung. Versteckte tierische Produkte, etwa der Einsatz des Hilfsstoffs Gelatine bei klaren Säften oder Wein, müssen weiterhin nicht auf dem Etikett stehen.
Was sagen betroffene Akteure dazu?
„Noch nie wurden die Verbraucher so umfassend über Lebensmittel informiert wie mit den Vorschriften der neuen Verordnung“, sagt Christoph Minhoff, Hauptgeschäftsführer beim Bund für Lebensmittelrecht und Lebensmittelkunde, einem Lobbyverband der Lebensmittelindustrie. Verbraucherschutzminister Christian Schmidt lobt die Reform als „Meilenstein für mehr Klarheit und Wahrheit“.
„Die neuen Kennzeichnungsregeln schützen nicht vor Täuschung“, sagt dagegen Lena Blanken, Expertin für Lebensmittelkennzeichnung bei der Verbraucherrechtsorganisation Foodwatch. Die Schrift sei zu klein, die Liste der verpflichtenden Angaben unvollständig, und eine Lebensmittelampel, die den Gehalt von Fett, Zucker und Salz auf den ersten Blick ausweist, habe die Industrie erfolgreich abgewehrt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Wahlprogramm von CDU und CSU
Der Zeitgeist als Wählerklient
Anschlag auf Magdeburger Weihnachtsmarkt
Vieles deutet auf radikal-islamfeindlichen Hintergrund hin
Keine Konsequenzen für Rechtsbruch
Vor dem Gesetz sind Vermieter gleicher
Anschlag in Magdeburg
Auto rast in eine Menschenmenge auf dem Weihnachtsmarkt
Russische Männer auf TikTok
Bloß nicht zum Vorbild nehmen