piwik no script img

Neue Rechnung der Deutschen UmwelthilfeSanieren spart Millionen Tonnen CO₂

Der Bausektor hat hohes Potenzial für Klimaschutz. Besonders die Sanierung bestehender Gebäude spart viele Ressourcen und Emissionen.

Energieeffiziente Sanierung einer Schule in Ottendorf, Thüringen Foto: Martin Schutt/dpa

BERLIN taz | Bestehende Gebäude zu sanieren ist klimafreundlicher, als sie abzureißen und neu zu bauen. Durch Sanierungen ließen sich jährlich bis zu 1,1 Millionen Tonnen an CO₂-Emissionen einsparen, das ergeben neue Hochrechnungen der Deutschen Umwelthilfe (DUH).

Der Verband fordert mehr Klima- und Ressourcenschutz im Bausektor. Als Grundlage führt er mehr als 200 Fälle an, in denen Gebäude abgerissen statt saniert wurden. Die Beispiele wurden von Bür­ge­r:in­nen eingesandt und reichen von Wohnhäusern über Verwaltungsgebäude bis hin zu Supermärkten.

„Bei den Abrissen wurde ausschließlich auf ökonomische Aspekte geachtet“, kritisiert Paula Brandmeyer, Vize-Bereichsleiterin für Energie- und Klimaschutz bei der DUH. „Die Ökobilanz wurde nicht berücksichtigt.“ Außerdem sei auch bezahlbarer Wohnraum abgerissen und die Wohnungskrise dadurch verstärkt worden.

Bausektor schöpft Potenzial nicht aus

Dabei seien Sanierungen sowohl wirtschaftlich als auch technisch möglich, sagte Projektentwickler Timm Sassen. Die DUH hatte den Geschäftsführer der auf Sanierungen spezialisierten Firma Greyfield Group zu der Vorstellung der Studie hinzugezogen. So ließen sich etwa viele Büro- oder Verwaltungsgebäude in Wohnraum umbauen. Damit könne auch der Ressourcenverbrauch gesenkt werden – zwei Drittel der noch verwendbaren Baustoffe gingen bei Abrissen verloren.

Dass der deutsche Gebäudesektor sein Potenzial zur Emissionsreduzierung derzeit nicht ausschöpft, zeigt auch eine aktuelle Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) in Kooperation mit dem Baudienstleister Heinze GmbH. „Es wird viel zu viel Geld in Neubauten gesteckt“, sagt Studienautor Martin Gorning vom DIW der taz. Stattdessen sollte der Staat Förderungen für energetische Sanierungen anbieten, so der Ökonom.

Barbara Metz, Bundesgeschäftsführerin der DUH, forderte, eine auf den ökologischen Kosten und den freigesetzten Emissionen basierende Abrissgenehmigungspflicht in die Musterbauordnung aufzunehmen. „Nur dann werden auch die Bundesländer nachziehen und die Regelung in den Landesbauordnungen integrieren“, sagte Metz.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

4 Kommentare

 / 
  • Die Studie betrachtet einseitig die bau- bzw. sanierungsbedingten Emissionen und vernachlässigt die nachfolgenden betriebsbedingten.



    Energetisch sind Sanierungen ein Notbehelf. Es lässt sich damit niemals ein Energiestandard erreichen wie bei einem von Anfang an auf minimalen Energiebedarf ausgelegten Haus. Was z.B. schon mit einer möglichst kompakten Gebäudeform anfängt, ohne Erkerchen und Dachgauben.



    Die Entscheidung zwischen Sanierung und Abriss/Neubau ist eine schlichte Optimierungsaufgabe.

  • > Durch Sanierungen ließen sich jährlich bis zu 1,1 Millionen Tonnen an CO₂-Emissionen einsparen

    Was quasi nichts ist. Ein Katzenverbot würde sechs Mal so viel einsparen.

    > „Bei den Abrissen wurde ausschließlich auf ökonomische Aspekte geachtet“

    Ja. Wenn sich durch das Ändern des Vorgehens rein absolut gar nichts am Klima ändert und es dann auch noch teurer ist, wieso sollte man das dann machen?

  • Es gibt nicht mal ansatzweise ausreichend Sanierungsunternehmen, die sich um den nicht vom Abriss bedrohten Bestand kümmern könnten. Insoweit ist das doch alles nur eine Nebelkerze.

    Da durch den Abriss in der Regel auch mehr Wohnungen entstehen, als zuvor, hat der Abriss halt immernoch erhebliche Vorteile.

    Bei meinem alten Haus war kein angefragtes Bauunternehmen in der Lage, eine Kostenschätzung für eine Vollsanierung abzugeben, geschweige den, einen bestimmten Sanierungzeitraum zu benennen. Folge Abriss.

  • Die Abrissgenehmigungspflicht wird ohne andere Anreize die Sanierung dem Neubau vorzuziehen nicht helfen.



    Im Zweifel wird der Abriss schlicht um drei Jahre verschoben. Bis dahin wird jedes Gebäude von allein in den Abrissgenehmigungsfähigen Zustand gelangen. Dazu genügt es, ein paar Löcher ins Dach zu reißen.