Neue Proteste im Gaza-Streifen: Molotowcocktails und Tränengas
An den palästinensischen Protesten nehmen immer weniger Menschen teil. Israels Regierung verteidigt das harte Vorgehen gegen Demonstranten.
Die Kundgebungen standen unter dem Motto „Die palästinensische Fahne hissen, und die israelische Fahre verbrennen.“ Insgesamt ist die Zahl der Demonstranten rückläufig. Kamen zu Beginn des Protestes zahlreiche Familien, so dominierten bei den gestrigen Kundgebungen Jugendliche und junge Männer, die wie in der letzten Woche zahlreiche Autoreifen in Brand steckten.
Ungeachtet der Kritik im In- und Ausland hält Israels Armee an dem Einsatz von Scharfschützen im Grenzgebiet zum Gazastreifen fest. Der israelische Oppositionspolitiker Jair Lapid, Chef der Zukunftspartei, verteidigte vor Journalisten im Grenzgebiet die Politik der Regierung. „Kein Land auf der Welt würde zulassen, dass Hunderte Terroraktivisten gewaltsam eindringen.“
Die Armee habe die Aufgabe, das zu verhindern, und das „tut sie nach gesetzlichen Vorschriften“. Die Todesfälle an der Grenze schreibt Lapid der Hamas zu, die „Frauen und Kinder an die Grenze treibt und zu menschlichen Schutzschildern macht“.
34 Todesopfer seit Ende März
Menschenrechtsorganisationen und westliche Regierungen konzentrieren ihre Kritik auf das harte Vorgehen der israelischen Soldaten und den Einsatz von Scharfschützen. 34 Menschen sind bei den Protesten seit Ende März zu Tode gekommen, und mehr als 3.000 trugen laut Informationen von Amnestie International (AI) Verletzungen davon.
Bei schweren Zusammenstößen zwischen Palästinensern und israelischen Sicherheitskräften an der Grenze zum Gazastreifen haben israelische Soldaten das Feuer eröffnet und einen Palästinenser getötet sowie mehr als 200 weitere verletzt, teilten palästinensische Ärzte mit. Das israelische Militär erklärte, Palästinenser hätten Steine geworfen und Reifen angesteckt. Zudem hätten sie Brand- und Sprengsätze auf die israelische Seite der Grenze geschleudert und versucht, ins Land einzudringen.
Einen zusätzlichen Aufschrei der Empörung löste ein Video aus, das einen Palästinenser zeigt, der unter Beschuss gerät und zu Boden fällt, während aus dem Off die begeisterte Stimme eines Soldaten zu hören ist, der den Verletzten einen „Hurensohn“ schimpft. Das Video war, wie sich im Laufe der Woche herausstellte, bereits im Dezember aufgenommen worden und nicht bei den jüngsten Protesten.
In einem offenen Brief appellierten fünf ehemalige Scharfschützen der israelischen Armee, von der Order „unbewaffnete Demonstranten, die keine Gefahr darstellen zu erschießen“, umgehend abzulassen. Der Angriff auf „unschuldige Menschen in Gaza“ sei nur nötig, um „die Herrschaft der Besatzung“ aufrecht zu erhalten. „Wir sind voller Scham und Mitleid“, schrieben die fünf in dem am Freitag von Haaretz und dem Guardian veröffentlichten Brief.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
BSW-Chefin im ZDF
Wagenknecht macht BND für Irrtum verantwortlich
Keine Konsequenzen für Rechtsbruch
Vor dem Gesetz sind Vermieter gleicher
Kretschmer als MP von Linkes Gnaden
Neuwahlen hätten der Demokratie weniger geschadet
Fragestunde mit Wladimir Putin
Ein Krieg aus Langeweile?
Studie zum Tempolimit
Es könnte so einfach sein