Neue Propaganda-Clips aus Russland: Worte wie Salven

Russland wähnt sich in einem neuen Propagandaclip im Besitz der einzigen Wahrheit. Darin wird die Rote Armee im Zweiten Weltkrieg zur Referenz.

2 Statuen, eine Frau mit nacktem Oberkörper schwingt ein Schwert, im Vordergrund eine muskuöse Figur mit Waffe

„Das Mutterland ruft“: Helden Denkmal in Wolgograd Foto: Dmitry Rogulin/imago

„Die Kraft liegt in der Wahrheit“, verkündet das russische Verteidigungsministerium am Ende seines neuesten Propagandaclips. Es ist eine alte Losung, seit Anfang März mit „Für den Sieg“ und „Die Aufgabe wird zu Ende geführt“ als offizielle Propaganda-Waffe genutzt.

Es ist nichts weniger als der Anspruch auf den Besitz der einzigen Wahrheit, der hier formuliert wird. Das ist in diesem Krieg definitiv der perfideste Versuch der russischen Staatsorgane, sich im eigenen Land die Deutungshoheit über die Ereignisse an der Front zu bewahren.

In dem zweiminütigen Clip gibt es zwei „Ansager“: einen ungefähr 18-Jährigen und ein Kind, männlich, vielleicht 10 Jahre alt. Beide sind in Uniform. Sie sind abwechseld im Bild, dazu läuft im Hintergrund ein Bilderreigen.

Die akustische Untermalung fällt in das Genre pathetisch aufgeladene Filmmusik. Der Teenager presst die Worte martialisch aus sich heraus wie Salven. Sein Text reproduziert das Standardnarrativ von der Denazifizierung der Ukraine.

Bilder aus der Zeit des Stalinismus

Die für den Text Verantwortlichen arbeiten mit Bildern aus der Zeit des Stalinismus. So legt man dem Jugendlichen Worte wie „in der Ukraine schießt der Nazismus wie Unkraut aus dem Boden“ in den Mund. Und: „Sie habe einen Krieg gegen ihre ältere Schwester (Russland) begonnen“. Im Galopp werden Bilder eingeblendet: Hakenkreuzfahne und ukrainische Fahne nebeneinander, später Bilder von der Eroberung Berlins durch die Rote Armee.

Denn „wir werden nie vergessen, wie unsere Großväter dem Nazismus gemeinsam den ultimativen Schlag versetzt haben“. „Ich aber glaube“, sagt der Jugendliche am Ende und seine Stimme wird weich, „dass du, Vater, die Ukraine vor dem Untergang bewahren kannst.“ Davor hat der 10-Jährige mit glockenhellen Stimme Bilder von Frauen heraufbeschworen, die für ihre Väter, Ehemänner und Brüder beten. Man legt dem Kind von Pathos triefende Worte in den Mund: „Vater, Bruder, du gibst uns die strahlende Hoffnung, dass die Kanonen bald schweigen werden.“

Was an dem Clip so sprachlos macht, sind weniger die bekannten Inhalte, als vielmehr der Missbrauch von Minderjährigen für Propagandazwecke in staatlichen Strukturen, in denen auch in dieser Hinsicht keine Skrupel mehr existieren.

Auf der ukrainischen Seite macht man sich an die Illustration des Sieges über Russland und verwendet gerne die David-und-Goliath-Vergleiche. So gibt es in einem Clip die ukrainische Superheldin, die gegen ein fünf Mal so großes Monster – mit dem Gesicht von Putin – kämpft. Zwischenzeitlich hat sie nur noch Kopf und Rumpf. Aber sie kämpft weiter, bekommt wieder alle Gliedmaßen zurück und besiegt den Aggressor.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Wir alle wollen angesichts dessen, was mit der Ukraine derzeit geschieht, nicht tatenlos zusehen. Doch wie soll mensch von Deutschland aus helfen? Unsere Ukraine-Soli-Liste bietet Ihnen einige Ansätze fürs eigene Aktivwerden.

▶ Die Liste finden Sie unter taz.de/ukrainesoli

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.