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Neue „Polizeiruf“-Filiale zum JubiläumHalle hoffentlich heiterer

Ein Kriminalfall als Panoptikum gescheiterter Persönlichkeiten der Nachwendezeit – das ist der neue „Polizeiruf“ zum 50. Geburtstag der Reihe.

Team Halle-„Polizeiruf“ mit Peter Kurth (Henry Koitzsch) und Peter Schneider (Michael Lehmann) Foto: dpa

Zum 50. Jubiläum des „Polizeirufs“ gibt es einen Kriminalfall aus Halle, der auch aus den späten 90er Jahren stammen könnte – wären da nicht das Smartphone einer Zeugin und die Technik der Funkzellenabfrage.

Das aus den Kommissaren Henry Koitzsch (Peter Kurth) und Michael Lehmann (Peter Schneider) bestehende Ermittlerteam befasst sich dieses Mal mit einem Messermord. Das Opfer Uwe Baude (Sven Reese) wurde im Flackerlicht der Hausbeleuchtung vor seiner Mietwohnung erstochen. Dies ist nun schon drei Monate her, weshalb die Polizei durch eine großangelegte Funkzellenabfrage auf weitere Zeu­g*in­nen­aus­sa­gen hofft. Wie zu erwarten, wissen viele der Personen nicht mehr, was sie an diesem lange zurückliegenden Abend gemacht haben.

Nach und nach nehmen die Zeu­g*in­nen in der wie aus DDR-Zeiten anmutenden Amtsstube von Koitzsch und Lehmann Platz. Das modernste Gerät hier ist ein Kassettendiktiergerät. Und auch die Zeu­g*in­nen wirken wie aus der Zeit gefallen: ein längst in Rente befindlicher Herr, der sich nach seinem Arbeitsplatz bei der Deutschen Reichsbahn zurücksehnt und nachts auf dem Güterbahnhof die Züge beobachtet; ein Versicherungsvertreter, der Aufmerksamkeit braucht, und deswegen den Messermord gesteht; ein verheirateter Mann, der im Puff bei der „Geilen Gabi“ war. Auch die Befragungen auf der Straße vermitteln ein Bild des ehemaligen Ostens, das stellenweise weh tut.

Ein Messermord? Na das müssen dann ja die Ausländer gewesen sein! Dies alles ganz passend untermalt von dem Doors-Song „People are strange“.

Alkohol und Zigaretten

Nicht minder strange ist das Privatleben der Kommissare – Koitzsch pflegt einen Lebensstil mit viel Alkohol und Zigaretten, sehnt sich nach Frauen und ist das perfekte Abziehbild des alten weißen Mannes. Der weichere Lehmann, den die Schwierigkeiten bei den Ermittlungen sichtlich mitnehmen, bekommt von seinem Vater, einem ehemaligen Polizisten, nur die Mitteilung, dass es solche Fälle damals nicht gab.

Dieser „Polizeiruf“ ist ein Panoptikum gescheiterter Persönlichkeiten der Nachwendezeit; der Kriminalfall gerät ins Hintertreffen. Armut und Suff herrschen hier vor; die Kommissare sind davon nicht ausgenommen.

Betrachtet man das als Sozialstudie der Stadt Halle, dann kann man sich nur wünschen, dass die Realität eine andere ist. Schade, wenn der Osten wieder und wieder nur auf „Wendeverlierer“ heruntergebrochen wird.

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2 Kommentare

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  • Die Idee des Plots sowie die Darsteller und Dialoge - beeindruckend. Allerdings beschleicht mich, wie den Rezensenten, das ungute Gefühl, dass die Verlierer, Aussortierten und prekär Lebenden in Tatort wie Polizeiruf 110 nur als isolierte, zur Solidarität und gemeinsamen Handeln unfähige Looser dargestellt werden. Das gilt nicht nur für die Ex-DDR, sondern auch für West-Tatorte, die in sozialen Brennpunkten angesiedelt sind. Gewollt oder ungewollt erscheinen die dargestellten Protagonisten dem Zuschauer als selbst für ihre Lage verantwortlich, zum selsbtständigen Handeln und eigener Würde unfähig und damit zu recht von der Gesellschaft ausgesondert und vergessen. Eine fatale Entwicklung....

    • @Philippe Ressing:

      Sorry heißt natürlich "die Rezensentin...."