Neue Musik aus Berlin: Kräftig eingekochter Rock
Mit reduziertem Bass und Schlagzeug und ins Drumkit eingearbeiteten Fahrradteilen erzeugen Stumpf auf ihrem neuen Album „Sand“ einen Sog aus Klang.
N ach seinem Kunststudium in Jerusalem und Stationen in den USA und Europa landete der usbekische Schlagzeuger Ilia Gorovitz 2019 in Berlin. Und tat sich mit dem Bassisten Sun Ra Bullock zusammen, zwecks Gründung des Label Edelfaul Recordings und zum gemeinsamen Musikmachen. Erstmals jedoch galt es, sich über all die Lockdowns hinweg bei Laune zu halten – was sie mit Improv-Sessions taten, notgedrungen zu zweit.
Aus dem Zwang zur Beschränkung machten sie als Duo „Stumpf“ eine Tugend und grenzten auch den konzeptuellen Rahmen ihrer Musik weiter ein: Nur Bass und Schlagzeug sind auf ihrem neuen Album „Sand“ zu hören, wenn auch mit kreativen Schlenkern: Gorovitz etwa integriert das Laufrad eines Fahrrads in sein Drumkit.
Beackert wird, was auf dem Weg entsteht, in Echtzeit, durch Feedbacks und dergleichen. Ach ja, und jeder Track sollte mit einem einsilbigen Wort benannt werden, beginnend mit „S“, inspiriert von einer Fotoserie der mexikanischen Künstlerin Lina Bailón.
Stumpf: Sand (Edelfaul Recordings); Release Show: 15. 3., 20 Uhr, zusammen mit Gordan und About Conduction, Kirche von Unten, Storkower Str. 119
„Stone“, „Sand“, „Surf“ und „Sun“ heißen die wuchtigen Klangbretter, die so entstanden – wobei jedoch nur der erste Trackname auf dem Album die Hörer:innen in die richtige Richtung stupst. Denn mit Sonne oder Surf haben diese dichten, intensiven Klangwelten nun wirklich nix zu tun.
Stattdessen wunderbar regressiver, auf die Basics reduzierter und kräftig eingekochter Rock, der dann, eingedickt wie er ist, ausgewalzt werden kann, ohne zu zerfließen: Das verhalten lauernde Intro zum ersten Track „Stone“ lässt sich alle Zeit, einen Sog aufzubauen – bis der Song dann richtig explodiert, vergehen sechs erstaunlich kurzweilige Minuten.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!