Neue Musik aus Berlin: Wenn Wolken weinen

Taiko Saitō ist eine Meisterin der Improvisation. Auf "Tears of a Cloud" entlockt sie Marimba und Vibraphon konzentrierte Geräusche und Melodien.

Taiko Saito steht auf eine Bühne, vor ihr steht ein Vibraphon. Sie schaut konzentriert zu Boden und spielt das Instrument mit vier Schlägeln.

Wurde dieses Jahr mit dem Jazzpreis ausgezeichnet: Taiko Saitō Foto: Promo

Welche Assoziationen ein Titel wie „Tears of a Cloud“ weckt, ist womöglich auch eine Frage des Alters. Dass man dabei an Regen denkt, ist einigermaßen naheliegend. Das Wortspiel mit Smokey Robinsons Soulklassiker „The Tears of a Clown“ hingegen könnte sich bei jüngeren Lesern weniger selbstverständlich einstellen.

Bei der in Berlin lebenden Vibraphonistin Taiko Saitō ist denkbar, dass sie beide Bedeutungen im Sinn hatte, ohne sich auf eine davon festlegen zu wollen. Vielleicht soll der Titel ihres Albums sogar frei zwischen ihnen hin und her fließen.

In ihrer Musik bewegt sich Taiko Saitō allemal zwischen den Ausdrucksformen. Klassische Musik und freie Improvisation sind ihr gleichermaßen vertraut, ihr aktuelles Soloalbum lässt sich weder eindeutig als das eine noch als das andere bezeichnen. Die neun Titel sind auf ungreifbare Weise offen, haben etwas Intimes und sehr Zugewandtes zugleich.

Taiko Saitō: „Tears of a Cloud“ (Trouble in the East Records)

Mit freier Improvisation wird oft die entschlossene Hinwendung zu Klang und Geräusch verbunden. Taiko Saitō dagegen spielt auf ihrem Vibraphon und ihrer Marimba, technisch gesehen, recht traditionell, ohne Scheu vor Melodien, oft mit einer Vorliebe für feine flächige Figuren, gern repetitiv, doch nie vorhersehbar. Man könnte das meditativ nennen, was strenggenommen nichts weiter heißt als konzentriert. Hier ist jemand ganz versunken in die Sache. Man folgt Taiko Saitō ohne Widerstand. Mehr noch: mit Freude. Was auch andere so zu sehen scheinen: Der Jazzpreis Berlin geht dieses Jahr an sie.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Jahrgang 1971, arbeitet in der Kulturredaktion der taz. Boehme studierte Philosophie in Hamburg, New York, Frankfurt und Düsseldorf. Sein Buch „Ethik und Genießen. Kant und Lacan“ erschien 2005.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.