Neue Innenministerin Schleswig-Holsteins: Ganz in der Familientradition

Sabine Sütterlin-Waacks Großvater und Vater waren bereits Minister. Nun wurde die Juristin neue Innenministerin in Kiel – die einzige in Deutschland.

Daniel Günther und die neue Innenministerin Sabine Sütterlin-Waack (beide CDU)

Ministerpräsident Daniel Günther überreicht Sabine Sütterlin-Waack ihre Ernennungsurkunde Foto: Frank Molter /dpa

KIEL taz | Während der erzwungene Rücktritt des schleswig-holsteinischen Innenministers Hans-Joachim Grote (CDU) noch die Schlagzeilen bestimmt, sitzt seine Nachfolgerin und Parteifreundin Sabine Sütterlin-Waack in ihrem neuen Büro und schwärmt vom Blick über die Kieler Förde: „Hier ist wirklich eine schöne Ecke.“ Aktuell ist sie die einzige Innenministerin in Deutschland.

Bis vor einer guten Woche schaute Sütterlin-Waack aus dem Chefzimmer des Justizministeriums auf den Kleinen Kiel, einen See im Zentrum der Landeshauptstadt. Durch den Wechsel im Kabinett ist sie näher an die Ostsee, näher ans Parlament und näher an die Staatskanzlei herangerückt. Die Christdemokratin sitzt jetzt mittendrin, in einem der wichtigsten Ministerien, an einer Schaltstelle der Macht im Land.

Polizei, Verfassungsschutz, Feuerwehr fallen in den Aufgabenbereich des Innenressorts – klassische Kerlethemen, bei denen Uniformen, feste Hierarchien und Rituale eine Rolle spielen. In Schleswig-Holstein kümmert sich das Haus auch um die Integration von Geflüchteten sowie die Landesplanung. Als ob das nicht reichte, hat sich Sütterlin-Waack den Bereich Gleichstellung aus dem Justizministerium mitgenommen und nennt die Modernisierung der Frauenhäuser als ein Herzensanliegen.

Ihre Kollegen der Innenministerkonferenz hat sie schon kurz kennengelernt: „Da wurde ich etwas angeguckt, aber die Stimmung war gut.“ Keine Frage, die gebürtige Reinbekerin lässt sich nicht leicht aus der Ruhe bringen.

Das kann sie zurzeit brauchen, schließlich rutscht sie im neuen Amt ins Herz einer Daueraffäre der Landespolitik, die mit polizeiinternen Vorwürfen bezüglich der Aufklärung einer Messerstecherei im Rockermil­ieu begann, zu einem Parlamentarischen Untersuchungsausschuss und mittelbar zum Sturz Grotes führte.

Weil dabei der Mailverkehr des Ministers mit einem Kieler Journalisten eine Rolle spielte, sieht die Opposition die Pressefreiheit bedroht und verlangt weitere Aufklärung. Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) habe alles Wichtige zum Thema gesagt, erklärt Sütterlin-Waack. Sie konzentriert sich lieber aufs Tagesgeschäft.

Familiäre Vorprägungen

Ihre Ruhe liegt vielleicht auch daran, dass sie mit Politik aufgewachsen ist. Ihr Großvater Werner Schwarz wurde 1959 Bundes­landwirtschaftsminister, da war die Enkelin ein Jahr alt. 1969 übernahm ihr Vater Hennig Schwarz das Justizministerium in Kiel: „Wir mussten oft leise sein, durften nachmittags keine Freunde einladen, um ihn nicht zu stören.“

Während der Barschel-Affäre saß Hennig Schwarz im Kabinett, war sogar kurzzeitig geschäftsführender Ministerpräsident. Doch diese Ereignisse bekam die Tochter nicht mehr hautnah mit: „Ich bin mit 18 ausgezogen.“

Sie fing eine Lehre in einem Kaufhaus an: „Es sollte eigentlich in Richtung Management gehen, ich träumte davon, durch die Welt zu fliegen und Waren einzukaufen – aber es stellte sich schnell heraus, dass solche Karrieren für Frauen nicht üblich waren.“ Die Lehrjahre mag sie aber nicht missen: „Ich habe tolle Frauen kennengelernt, das hat mir den Blick für andere Lebenswelten geöffnet. Spaß gemacht hat die Arbeit übrigens auch.“

Dennoch wollte sie nicht lebenslang Kleidung verkaufen, also studierte sie Jura in Göttingen, Lausanne und Kiel, heiratete und bekam während des Referendariats ihren ersten Sohn. Nach der Promotion arbeitete Sütterlin-Waack in der CDU-Fraktion des Hessischen Landtags. Kein geplanter Zug: „Ich wollte nie in die Politik.“

Spezialisiert auf Familienrecht

Zwar trat sie als Schülerin in die Junge Union ein, aber vor allem ihrem Vater zuliebe, gesteht die 62-Jährige: „Ich habe am Wahl-O-Maten manchmal gemerkt, dass ich nicht auf der reinen CDU-Linie liege, aber die CDU ist eine Volkspartei und kann verschiedene Strömungen vertragen.“ Frauenpolitik und Gleichstellung sind Themen, für die sie sich einsetzt. Dazu gehört die Frauenförderung in der Partei: „Wir brauchen eine etwas verbindlichere Quote.“

Als Anwältin – noch immer ist Sütterlin-Waack Teilhaberin einer Kanzlei in Schleswig – hat sie sich auf Familienrecht spezialisiert und sieht dort einigen Regelungsbedarf, etwa bei der Versorgung von Frauen nach der Trennung. Doch als sie zwischen 2013 und 2017 im Bundestag und im Rechtsausschuss saß, stand der Streit um die „Ehe für alle“ im Mittelpunkt: „Zu dem Thema habe ich meine erste Rede im Parlament gehalten, und am Tag meines Ausscheidens fiel die Entscheidung, die Ehe für alle zuzulassen.“

Wie kam die Anwältin, die nie in die Politik wollte, in den Bundestag? „Ganz klassisch, über Elternarbeit“, sagt Sütterlin-Waack. 1994 war die Juristin mit ihrem damaligen Ehemann und zwei Söhnen aus Hessen nach Schleswig-Holstein zurückgekehrt, das Paar eröffnete eine Kanzlei in Schleswig.

An ihrem Wohnort Lürschau engagierte Sütterlin-Waack sich als Elternvertreterin, übernahm rasch den Vorsitz des Gremiums, wurde Gemeindevertreterin für die örtliche Wählergemeinschaft. 2008 zog sie für die CDU in den Kreistag ein, dem sie bis zum Einzug in den Bundestag 2013 angehörte. In Schleswig-Holstein ist sie seit 2016 im Landesvorstand. 2017 berief Daniel Günther sie als Justizministerin ins Kieler Kabinett.

Im neuen Innenressort arbeitet sie sich noch ein, hat aber schon erste Pressekonferenzen und Landtagsauftritte absolviert. Nach einer guten Woche im Amt zieht sie erste Bilanz: „Es fühlt sich richtig gut an“.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.