Neue Hilfsstrategie für kaputte Wälder: Aufforstung mit Topfpflanzen
Allein in Niedersachsen müssen 40.000 Hektar Wald gepflanzt werden. Saatgut und junge Bäume sind knapp, deshalb setzen die Förster auf Topfpflanzen.
Tausende sogenannter Containerpflanzen wurden seit September im Harz eingesetzt. Sie wachsen in einem speziellen Topf und werden mit fertigen Wurzeln in den Boden gebracht. Das Ausfallrisiko unter vergleichbaren Wuchsbedingungen sei deutlich geringer als bei herkömmlichen wurzelnackten Pflanzen ohne Substrate, sagt Michael Rudolph, Pressesprecher der Landesforsten Niedersachsen Region Süd. In den Trockenjahren 2019 und 2020 seien immerhin rund ein Drittel aller gepflanzten Bäume eingegangen.
Die Containerpflanzen sollen das minimieren. Wie die Bilanz ausfallen wird, lasse sich aber jetzt noch nicht sagen. „Es geht auch vor allem darum, den Pflanzzeitraum auszudehnen“, sagt Rudolph. Die Containerpflanzen, vor allem Buchen, Weißtannen, Lärchen oder auch Douglasien können bereits im August und September gesetzt werden. Außerdem müsse jetzt schnell gehandelt und neue Bäume unter abgestorbenen Fichten gesetzt werden, da im nächsten Jahr die Waldabschnitte aus Sicherheitsgründen nicht mehr betreten werden dürften.
Das größte Problem ist die Verfügbarkeit von Pflanzen. Denn bis Samen geerntet und daraus fertige Bäumchen für die Aufforstung gewachsen sind, vergehen ein bis vier Jahre, so Rudolph. Im vergangenen Jahr sind im Harz 1,6 Millionen Bäume gepflanzt worden. „Die kann man nicht mal ebenso für nächste Woche bei der Baumschule bestellen.“
Die Nachfrage ist bundesweit sehr hoch. In Niedersachsen allein müssen rund 40.000 Hektar Wald aufgeforstet werden. Davon liegen 25.000 Hektar im Landeswald, die restlichen 15.000 sind Privatwald. Rund 200 Millionen Pflanzen werden allein im Privatwald in den kommenden Jahren benötigt, schätzt Rudolf Alteheld, Leiter des Geschäftsbereichs Forstwirtschaft der Landwirtschaftskammer Niedersachsen.
Hinzu kommt, dass die Bäume in diesem Jahr kaum Früchte tragen, was bedeutet: Das Saatgut bleibt knapp. Privatwaldbesitzende müssen deshalb auf Naturverjüngung setzen – sie vertrauen also darauf, dass der Wald sich selbst sät und ergänzen lediglich mit Pflanzen. Mit Containerpflanzen würden Privatwaldbesitzer*innen schon länger arbeiten, sagt Alteheld. Der Einsatz müsse aber gut kalkuliert werden. Eine Containerpflanze koste etwa doppelt soviel wie eine sogenannte wurzelnackte Pflanze.
Genau wie bei den Privatwaldbesitzer*innen sind auch die Kassen der Landesforsten leer. Das Geschäftsjahr 2020 wurde laut eigenen Aussagen mit einem Defizit von rund 18 Millionen Euro abgeschlossen. In den Waldumbau flossen im selben Jahr rund 16 Millionen Euro.
Die Aufforstung im Harz sei teuer, aber notwendig, denn allein durch Naturverjüngung würde dort lediglich ein Fichtenwald nachwachsen, sagt Michael Rudolph. „Wir stehen aber in der Verantwortung, die Bevölkerung mit dem Rohstoff Holz zu versorgen und den nachfolgenden Generationen einen klimaresistenten Wald zu hinterlassen.“ Klimaresistent bedeutet, dass auch auf Baumarten gesetzt wird, die in Niedersachsen nicht heimisch sind, wie die Douglasie.
Sowohl Rudolph als auch Alteheld sehen die kommenden Jahre als Chance. „Wir haben nun die Möglichkeit, unseren Wald klimaneutral umzubauen“, sagt Alteheld. Auch Rudolph ist optimistisch, dass durch Eingriffe wie Pflanzungen aus dem Harz ein gesunder Mischwald wird, der der Klimakrise trotzt.
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