Neue Funktion der Suchmaschine: Google kann jetzt bis 1 zählen
Sie heißt "+1", steht in einer Probeversion zur Verfügung und soll das Netz individueller machen: Google hat seiner Suchmaschine eine neue Funktion verpasst.
Das Zauberwort im Netz heißt derzeit Individualisierung. Einen weiteren Schritt in diese Richtung leitete am Mittwoch Google vorerst nur im englischsprachigen Netz in einer Testversion ein. Er heißt "+1". Ab sofort kann man Google-Einträge empfehlen, und Freunde, Verwandte und Bekannte werden auf diese Empfehlungen aufmerksam gemacht.
Für Deutschland steht noch kein Termin fest, doch kommen wird das Angebot auch hier. Sucht man dann ein Hotel auf Usedom, kann man sehen, welches Tante Annie ganz besonders super fand und sich gegebenenfalls nach einem anderen umsehen. Individualisierung meint in diesem Fall die Individualisierung der Suchergebnisse. Empfehlungen und Vorlieben von Freunden sind relevanter für den Suchenden als ein scheinbar objektiver Algorithmus. Mark Zuckerberg, der Facebook-Gründer, wird nicht müde, diesen Satz zu wiederholen.
Nun hat kürzlich in den USA Facebook Google als meistbesuchte Seite abgelöst und immer mehr Webseitenbetreiber stellen fest, dass die Besucher immer häufiger über Facebook auf ihre Seite finden. Es ist also kein Wunder, dass Google sozialer werden will. Nachdem mit Google Buzz der Versuch, unter anderem die "Gefällt mir"-Funktion nachzubauen, einigermaßen gescheitert ist, setzt man seit Mitte Februar auf "social search".Dazu gehört nun auch "+1".
"Es geht überhaupt nicht darum, einen Facebook-Killer zu bauen", sagt Stefan Keuchel, Pressesprecher von Google Deutschland. "Es geht darum, das Internet insgesamt sozialer zu machen." Bisher hätten die +1-Empfehlungen keinen Einfluss auf das tatsächliche Ranking, sondern es sei nur ein Signal, ein Hinweis - "noch", betont Keuchel.
Wie weiß Google eigentlich, mit wem ich so vernetzt bin? Über meine Googlemail-Kontakte zum Beispiel, und bald sollen weitere soziale Netzwerke ausgewertet werden – beispielsweise Twitter-Follower, Flickr-Bekanntschaften oder Facebook-Freunde. Aber nur, sofern der Nutzer Google sagt, mit wem er wo wie verbunden ist. Bisher wirken sich die Vorlieben meines Netzwerkes nur auf die Suchergebnisse aus: in einigen Wochen aber sollen +1-Buttons auch auf anderen Google-Seiten angeboten werden.
Auswirkungen auf die SEO-Branche
Welche Auswirkungen das neue Wertungssystem hat, darüber kann man nur spekulieren. Wahrscheinlich ist, dass es der Suchmaschinenoptimierungs-Branche (SEO) einen empfindlichen Schlag verpassen wird. "Klassisches SEO stirbt mit social search, und die Substanz wird wieder wichtiger, auch wenn das noch dauern wird", sagt Technikblogger und Seitenbetreiber Sascha Pallenberg. "Wir leben in einer Empfehlungsgesellschaft, und Google baut auf persönliche Netzwerke. Da kommt dann kein SEO mehr rein, zumindest nicht mehr in der breiten Masse."
Aber es gibt nicht nur positives zu prognostizieren. Welche sozialen Auswirkungen diese Neuausrichtung haben kann, ist eine Frage, die nicht nur Kulturpessimisten und Fortschrittsverweigerer beschäftigt. Auf die Frage, ob die Nutzer immer autistischer gegenüber fremden, ungewohnten Lebenswelten werden, sagt Pallenberg: "Das ist ein Problem, ja. Wir betreiben eine Art von Netzwerk-Cocooning. Wir bekommen nur das mit, was uns auch zu gefallen hat. Beziehungsweise, was Facebook und Google meinen, dass es uns zu gefallen hat."
Ein Problem, für das es nur diese eine Lösung geben wird: sich aus dem Googlekonto ausloggen.
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