Neue Erkenntnisse zum Fall Corelli: Die Handy-Vermehrung
Immer mehr Handys des verstorbenen V-Manns tauchen auf. Inzwischen sind es 23. Der Verfassungsschutz gerät weiter in Erklärungsnot.
Damit stellt sich die Frage neu, ob es NSU-Kontakte des V-Manns gab, der 18 Jahre lang dem Verfassungsschutz zuarbeitete. Obwohl Thomas „Corelli“ Richter auf einer Kontaktliste des NSU stand und dem Amt schon 2005 eine CD mit dem Titel „NSU/NSDAP“ überbrachte, bestreitet der Verfassungsschutz diese Kontakte bisher.
Nur: Kann er das überhaupt wissen? Schon zuletzt waren plötzlich ein Handy und mehreren Sim-Karten in dem Amt aufgetaucht. Elf Telefone sollte Corelli demnach besessen haben – nun sind es doppelt so viele. Die neu aufgetauchten Handys fanden sich nach taz-Informationen im Verfassungsschutz oder bei Polizeibehörden. Zum Teil gehörten sie zur zentralen Nummer, die Corelli seit 1995 nutzte. Auf einem Handy fanden sich Fotos des NSU-Trios, die aus Medienberichten heruntergeladen wurden.
Verfassungsschutzchef Hans-Georg Maaßen musste am Mittwoch und Donnerstag über mehrere Stunden im Bundestag zu der Affäre Stellung nehmen. Den Abgeordneten erklärte er, soweit Handys schon ausgewertet wurden, gebe es darauf keine NSU-Bezüge.
„Verantwortung liegt im Innenministerium“
Der NSU-Untersuchungsausschuss des Bundestag kritisierte dennoch das Chaos im Verfassungsschutz. Der SPD-Innenpolitiker Uli Grötsch sagte, die Verantwortung liege nun im Bundesinnenministerium. „Dort muss man sehen, wieweit man die Vorgänge noch hinnehmen kann.“ Grüne und Linkspartei hatten schon zuvor Maaßens Rücktritt gefordert.
Das Innenministerium hat inzwischen Konsequenzen im Verfassungsschutz angeordnet: Die Dienstaufsicht müsse gestärkt, die Beschaffung von Kommunikationsmitteln klarer geregelt und eine Personalrotation verstärkt werden. Dies müsse „zeitnah“ umgesetzt werden.
Das Ministerium hatte zuvor einen eigenen Experten in das Bundesamt geschickt, um die Vorgänge aufzuklären. Eine Untersuchung des vom Bundestag eingesetzten Sonderermittlers Jerzy Montag läuft noch.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Debatte um SPD-Kanzlerkandidatur
Schwielowsee an der Copacabana
BSW und „Freie Sachsen“
Görlitzer Querfront gemeinsam für Putin
Urteil nach Tötung eines Geflüchteten
Gericht findet mal wieder keine Beweise für Rassismus
Papst äußert sich zu Gaza
Scharfe Worte aus Rom
Unterwanderung der Bauernproteste
Alles, was rechts ist
Außenministertreffen in Brüssel
„Europa spricht nicht die Sprache der Macht“