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Neue Diskussion über BERBonde verärgert Brandenburger

Die CDU-Verkehrssenatorin ruft nach einer dritten Startbahn am Flughafen und einem aufgeweichten Nachtflugverbot. Nicht mit uns, heißt es aus Potsdam.

Platz ist eigentlich noch genug am BER. Verkehrssenatorin Ute Bonde (CDU) will trotzdem eine dritte Startbahn Foto: Maurizio Gambarini/funke/imago

Aus Berlin

Stefan Alberti

Verkehrssenatorin Ute Bonde (CDU) hat mit Forderungen nach einer dritten Landebahn am Flughafen BER sowohl brandenburgische Parteifreunde als auch dortige Sozialdemokraten irritiert bis verärgert. Von „Berliner Arroganz“ sprach am Dienstag die SPD-Fraktion im Potsdamer Landtag. Auch in der oppositionellen CDU-Fraktion hält man eine Diskussion über eine weitere Startbahn angesichts der derzeitigen Auslastung für unnötig.

Bonde hatte sich am Montag bei einer Veranstaltung der Berliner Industrie- und Handelskammer für die BER-Erweiterung und eine Auflockerung des Nachtflugverbots ausgesprochen. Das gilt derzeit von Mitternacht bis 5 Uhr morgens. Ein von einem Volksbegehren angestoßener Versuch der brandenburgischen Landesregierung, diesen Zeitraum auf 22 bis 6 Uhr auszuweiten, war vor elf Jahren gescheitert: Der Flughafen liegt zwar in Brandenburg, das Land ist aber neben Berlin und dem Bund nur einer von drei Anteilseignern – und diese anderen beiden lehnten den Vorstoß ab.

Nun drängte Bonde darauf, den BER durch Lockerungen attraktiver zu machen. Voriges Jahr zählte man dort 25,5 Millionen Passagiere. 2019, im letzten Jahr vor der Coronapandemie, die den Flugverkehr einbrechen ließ, waren es hingegen an den beiden damaligen Flughäfen Tegel und Schönefeld 35,6 Millionen – der BER war da noch nicht eröffnet. Als Ziel galten bislang 40 Millionen Passagiere jährlich.

Viel Geld für die BVG

Der schwarz-rote Senat hat am Dienstag den überarbeiteten Verkehrsvertrag mit der landeseigenen BVG beschlossen. Diese Vereinbarung regelt, was die Verkehrsbetriebe anzubieten haben und wie hoch der Zuschuss dafür aus dem Landeshaushalt ist. Demnach investiert der Senat ab 2026 mehr als 1,3 Milliarden Euro pro Jahr in Berlins Nahverkehr.

Das sei „so viel wie noch nie“, sagte dazu nach der Senatssitzung Wirtschaftssenatorin und BVG-Aufsichtsratschefin Franziska Giffey (SPD). Laut Verkehrssenatorin Ute Bonde (CDU) kompensieren 120 Millionen davon die jüngsten Tarifabschlüsse bei der BVG. Es soll 2026 und 2027 keine Ausweitung des Angebots geben, aber laut Bonde anders als in anderen Städten und Gemeinden auch keine Minderung. „Stabilisierung geht vor Wachstum“, sagte sie. Ein Ausbau soll ab 2028 möglich sein, zunächst vor allem im Busverkehr. Angebotszuwächse seien ab 2030 mit der BVG vertraglich vereinbart. (sta)

Ihre Forderung nach einer dritten Startbahn trotz noch ausreichender Kapazität begründete Bonde am Dienstag so: Bei den jetzigen beiden Startbahnen lässt sich aus ihrer Sicht rein rechtlich wenig am Nachtflugverbot ändern, anders hingegen würde das bei einer neuen Bahn sein. Nach der Senatssitzung räumte Bonde zudem ein, dass ihre Forderung nicht mit der Flughafenleitung abgesprochen sei und auch nicht auf einem Beschluss der Berliner Landesregierung fußt. „Der Senat hat sich mit dieser Frage noch nicht befasst“, sagt sie auf taz-Nachfrage.

Noch ein weiteres Terminal?

Dass sie mit der BER-Leitung nicht gesprochen habe, begründete sie damit, dass über die Flughafenzukunft allein die drei Eigner – also Berlin, Brandenburg und der Bund – entscheiden würden. Zu Bondes Plänen gehört auch ein weiteres Terminal. Einen zeitlichen Rahmen mochte sie nicht angeben. Auch mögliche Kosten, an denen Berlin mit seinem Anteil von 37 Prozent beteiligt wäre, nannte die Verkehrssenatorin nicht.

Ehrlicherweise geht mir diese Berliner Arroganz ziemlich auf die Nerven.

Ludwig Scheetz, SPD-Fraktion Brandenburg

Fast gleichzeitig machte am Dienstagmittag in Potsdam der parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Landtragsfraktion, Ludwig Scheetz, seinem Ärger Luft: „Ehrlicherweise geht mir diese Berliner Arroganz ziemlich auf die Nerven“, sagte er vor Journalisten. Nach seiner Wahrnehmung gibt es aus der Bundeshauptstadt immer wieder derartige Diskussionen, die auf dem Rücken der Flughafenanwohner ausgetragen würden. „Das werden wir nicht mitmachen“, sagt Scheetz.

Der SPD-Politiker sieht dafür auch keine wirtschaftliche Notwendigkeit, weil die Flughafengesellschaft aktuell „auf einem guten Weg“ sei. Brandenburgs CDU-Fraktionschef Jan Redmann verwies ebenfalls darauf, dass die Kapazitäten des Flughafens bei Weitem nicht erschöpft seien.

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4 Kommentare

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  • Ich bin voll und ganz für den Bau einer dritten Landebahn und die Aufhebung des Nachtflugverbotes unter der Bedingung, dass der Flughafen insgesamt in Sperenberg errichtet wird.

  • Wenn ein Flugzeug aufgrund nicht in der Verantwortung der Airline liegenden Umständen nach Mitternacht in Berlin eintrifft, soll es landen dürfen. Auch, wenn es um drei Uhr morgens ist. Warum sollen denn bitte die Anwohner von Hannover-Langenhagen leiden müssen und die des BER nicht?

    • @Suryo:

      Weil Hannover-Langenhagen dünner besiedelt ist und deshalb eine entsprechende Genehmigung verfügt. In Schönefeld wusste man beim Bau des Flughafens bereits von der dichten Bebauung und hat das Ganze unter der Bedingung des Nachtflugverbotes dann dort halt gebaut.

      Welche Umstände für die Verspätung gesorgt haben muss doch vollkommen egal sein, den ansonsten werden die Airlines immer argumentieren, dass sie nie die Schuld trifft.

      Im Übrigen habe ich auch überhaupt kein Verständnis für die Billigflieger, die kurz vor dem Aufsetzen in Berlin dann nach sonstwo abdrehen. Die Piloten wissen eine halbe Stunde vor der Landung, ob sie es pünktlich schaffen oder nicht, sie können sich also entprechend darauf einstellen. Niemand ist gezwungen, in der letzten Minute noch einen Landungsversuch zu unternehmen.

    • @Suryo:

      Die Anwohner von Hannover-Langenhagen müssen eben um ein Nachtflugverbot kämpfen. Wieso sollen Rechte von Menschen aufgeweicht werden, wenn andere ihre Rechte nicht bekommen? Wenn man in der Logik denkt, können wir den Rechtsstaat gleich abschaffen.

      Natürlich sollten unverschuldet späte Maschinen landen dürfen, das Problem ist nur, dass die Airlines dieses "unverschuldet" dann schnell herbeifabulieren. Nur ein absolutes Verbot (welches übrigens nicht für Notlandungen gilt) kann vor solchen Auswüchsen schützen.



      Ich wohne selber nur ein paar km direkt unter der Einflugschneise. Es macht einen RIESIGEN Unterschied, dass nachts hier nichts fliegt. Es hilft wirklich beim Durchschlafen. Und nein, ich wohne nicht erst seit 3 Jahren hier sondern seit 30.