Neuauflage der Loveparade geplant: Dr. Motte dreht die Zeit zurück
Der Erfinder der Loveparade feiert mit zweijähriger Verspätung einen 60. Geburtstag nach. Und schenkt sich eine neue Loveparade nach altem Muster.
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A b einem bestimmten Alter kann es schon nützlich sein, die Uhr des Lebens anzuhalten. Auch wenn die Zeit dann leider doch unbarmherzig weiter verstreicht. So wurde Dr. Motte, bekanntlich der Erfinder der Loveparade – die etwas Betagteren werden sich an dieses Massenspektakel erinnern! – schon vor zwei Jahren 60. Und den Runden wollte er eigentlich auch gebührend feiern: mit einer großen Party. Doch das war bekanntlich mitten in der Pandemie, und so blieb dem Mann nichts anderes übrig, als leider nur im eigenen Wohnzimmer jede Menge Kerzen auf der Torte auszublasen.
Aber jetzt lädt er endlich zu seiner großen „Birthday Celebration“ am 4. Juni im Rahmen eines Raves in den Gärten der Welt in Marzahn. Und dabei wird einfach der Sechzigste nachgefeiert – was zeigt, dass Dr. Motte vor hat, ab sofort ewig jung zu bleiben. Oder zumindest zu verhindern, dass man inzwischen sagen kann: Der Mann geht ja auch schon in Richtung 70!
In der letzten Zeit war es ohnehin eher etwas ruhiger geworden um ihn, der einst „Friede, Freude, Eierkuchen“ forderte. Ein Motto übrigens, das aktuell tatsächlich ganz schön politisch wirken würde.
Dr. Mottes bahnbrechende Erfindung, die Loveparade, zerschellte traurigerweise vor zwölf Jahren in einem Duisburger Tunnel, was bei dem guten Mann wahrscheinlich zu einer Sinnkrise führte. Aber nun ist er wieder voll da. Nicht nur als baldiges Geburtstagskind, sondern auch wieder mit einer Technoparade.
Wie früher über den Kurfürstendamm
„Rave the Planet“ soll sie heißen und am 9. Juli stattfinden, nicht irgendwo, sondern auf dem Kurfürstendamm. An dem Ort also, wo vor über 30 Jahren die ersten verpeilten Raver ein paar Wagen hinterhertanzten, aus denen Techno schallte, und die diesen Umzug dann „Loveparade“ tauften.
Eine Abschlusskundgebung wird es auch wieder geben, alles soll wieder wie damals sein. Dr. Motte hat sich offenbar vorgenommen, die Zeit nicht einfach anzuhalten, sondern sie sogar zurückzudrehen.
Allerdings will er dieses Mal nicht nur, dass bloß ein wenig auf der Straße getanzt wird. Die Sache soll richtig groß und politisch sein, dieses Mal wirklich. „Technokultur in Berlin“ soll als Immaterielles Kulturerbe der Unesco anerkannt werden. Tanzverbote an christlichen Feiertagen (wie am Karfreitag) sollen abgeschafft werden, ein bedingungsloses Grundeinkommen kommen. Und wo Dr. Motte schon mal beim Fordern von Allerlei ist: Einen „Tag der elektronischen Tanzmusikkultur“ als gesetzlichen Feiertag hätte er auch noch ganz gerne.
Wer all diese dringend notwendigen Ideen zur gesellschaftlichen Veränderung genauso wichtig findet wie Dr. Motte selbst, darf dafür auch ordentlich Geld spenden, dieser Hinweis ist nicht unwichtig. Damit dem Techno-Impresario bei seiner Arbeit nicht die Kraft ausgeht, was ziemlich blöd wäre. Einer muss den harten Job mit dem Ziel, Techno in Berlin so richtig zum Glänzen zu bringen, ja schließlich machen. Ohne die löbliche Initiative von Dr. Motte könnte man sonst vielleicht ganz vergessen, wie wichtig elektronische Tanzmusik für diese Stadt war – und ist.
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