Netflix-Serie über Partnersuche: Klischee und Kuppelei
Das amerikanisch-indische Format „Indian Matchmaking“ fällt mit Stereotypen auf. Gesellschaftliche Fortschritte haben da wenig Platz.
Wie schwer kann es sein, den richtigen Menschen zu finden? „Meine größte Sorge ist es, dass das Mädchen ein Minimum an Flexibilität zeigt“, sagt Mutter Preeti. Sie möchte die perfekte Frau für ihren 25-jährigen Sohn Akshay finden, der nach dem Auslandsaufenthalt wieder zu Hause in Mumbai ist. Jetzt wird es ernst für ihn – beschließt seine Mama.
Und ihr Spruch wird gleich nach der Ausstrahlung der Serie „Indian Matchmaking“ zum Meme. In dieser geht es vor allem um Erwartungen an Frauen. Denn auch heute noch ziehen Schwiegertöchter oft bei der Familie ihres Mannes ein und sollen dann bitte anpassungsfähig sein.
Allerdings wird in Netflix’ neuster Inhouse-Reality-Serie nicht über alle Köpfe hinweg entschieden: Die meisten der ProtagonistInnen haben sich wohl freiwillig bei der High-Society-Heiratsvermittlerin Sima Taparia gemeldet, die zwischen Indien und den USA reist, um im jeweiligen Land Millennials miteinander zu verkuppeln.
Die Serie wird in der indischen Presse und im Netz für ihre Stereotype kritisiert. Wie die indische Gesellschaft und ihre Heiratspolitik sich, wenn auch langsam, ändern, das zeigt sie auch nicht. Die Kupplerin erklärt dagegen, dass man eine Familie und nicht eine einzelne Person heiratet.
Ehe und Tradition
Entsprechend fallen die Kriterien ihrer Arbeit aus. Und sie hat so einige Tricks auf Lager: vom Gesichtsleser über den Astrologen, den einen oder die andere Kundin schickt sie auch zur Therapie. Denn wer nicht weiß, was er will, wird es auch mit dem perfekten Match schwierig haben.
Bescheid wissen aber vor allem die Eltern der jungen Menschen. Die Kupplerin ist von der alten Schule. Sie vertraut auf die Eltern, die wie sie eine arrangierte Ehe eingegangen sind und wissen, was das Beste für ihre Kinder ist. Die Kombination aus Konservatismus und den Statuspräferenzen, also dem Versuch, möglichst in der gleichen sozialen Klasse zu heiraten, wirkt befremdlich, aber auch amüsant.
Bei jenen, die sich in Indien für Emanzipation und freie Partnerwahl einsetzen, stößt sie sauer auf. Es ist dabei bemerkenswert, dass auch Menschen aus der indischen Diaspora in den USA sehr darum bemüht sind, einen Partner mit passendem sozialen Status zu finden.
Letztlich hält die Serie der Gesellschaft einen Spiegel vor, wenn „Tante Sima“, Mama Preeti oder die eine oder andere ältere Dame ihre Vorstellungen von Ehe und Tradition zum Besten geben.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
Vorsicht mit psychopathologischen Deutungen
Kochen für die Familie
Gegessen wird, was auf den Tisch kommt
Angriffe auf Neonazis in Budapest
Ungarn liefert weiteres Mitglied um Lina E. aus
Insolventer Flugtaxi-Entwickler
Lilium findet doch noch Käufer
Polizeigewalt gegen Geflüchtete
An der Hamburger Hafenkante sitzt die Dienstwaffe locker
Lohneinbußen für Volkswagen-Manager
Der Witz des VW-Vorstands