Netflix-Serie „Liebe im Spektrum“: Kein Voyeurismus
Netflix beweist auch in der zweiten Staffel seiner Dating-Show für Autisten wie sensibel Reality-TV sein kann. Und räumt dabei noch mit Mythen auf.
Verzweifelte Singles, die womöglich auch noch berühmt werden wollen, sind in Dating-Shows wie „Bachelor“, „Princess Charming“ oder „Love Island“ zu sehen. Diese Sendungen sind bewusst auf den Voyeurismus der Zuschauer:innen ausgerichtet. Das muss man, na ja, mögen, oder besser: aushalten können. Anders ist das bei „Liebe im Spektrum“, einer Netflix-Produktion.
Sie zeigt Menschen mit Autismus bei ihrer Suche nach der wahren Liebe. Ganz ohne Voyeurismus. Das Original stammt aus Australien und erschien ab 2020 mit zwei Staffeln auf Netflix. Die zweite Staffel der US-amerikanischen Variante ist aktuell abrufbar.
Das Thema Autismus ist in der Popkultur seit einiger Zeit ziemlich angesagt. Da wäre die Serie „Atypical“, die einen autistischen Jugendlichen zeigt, der auf der Suche nach einer Partnerin ist. Oder die australische Highschool-Serie „Heartbreak High“, in der es in erster Linie auch um Liebe geht. Aber wie sieht die Partnersuche für Autisten in der Realität aus?
Begleitet durch Autismus-Coach
Sie ist, ähnlich wie bei neurotypischen Menschen (so werden in der Serie nichtautistische Menschen zu Autisten abgegrenzt), sehr schwierig. Besonders herausfordernd ist für sie, soziale Normen zu verstehen und ihnen entsprechend zu handeln. „Liebe im Spektrum“ lässt die Teilnehmer:innen damit aber nicht allein. In der aktuellen Staffel begleitet Autismus-Expertin Jennifer Cook, die selbst aus dem Spektrum ist, Teilnehmer:innen der Serie wie den 24-jährigen Tanner. Cook erklärt ihm zum Beispiel, dass er auf einem Date nicht nur über sich sprechen, sondern seinem Gegenüber auch Fragen stellen sollte. Tanner, so sieht man später, weiß das Erlernte bei seinem Date wunderbar umzusetzen.
„Liebe im Spektrum“, zwei Staffeln bei Netflix
„Liebe im Spektrum“ ist ein feinfühliges, nahbares Format. Die Serie zeigt, dass es nicht den einen Menschen mit Autismus gibt, sondern die neurologische Störung ein Spektrum umfasst und sich in jedem Einzelnen anders zeigt. Und es gelingt ihr, mit Vorurteilen aufzuräumen: Denn ja, auch autistische Menschen haben ein Bedürfnis nach Liebe und Partnerschaft.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!