Netanjahu bildet Kabinett um: Weiterer Rechtsruck in Israel

Der ultranationale Hardliner Avigdor Lieberman soll neuer Verteidigungsminister werden. Die Annäherung an Ägypten ist damit wohl hinfällig.

Zwei auf dem Weg nach rechts: Avigdor Lieberman und Benjamin Netanjahu

Zwei auf dem Weg nach rechts: Avigdor Lieberman und Benjamin Netanjahu Foto: reuters

JERSULEM taz | Israels rechte Regierung bewegt sich mit Riesenschritten noch weiter nach rechts. An die Stelle von Verteidigungsminister Mosche Jaalon, der Freitag früh zurücktrat, soll der ultranationale Politiker Avigdor Lieberman treten. Jaalons Rücktritt aus der Knesset schafft darüber hinaus Raum für den Einzug des rechtsradikalen Tempelbergaktivisten Jehuda Glick ins israelische Parlament.

„Extremisten und gefährliche Elemente haben Israel und die Likud-Partei übernommen“, kommentierte Jaalon die jüngsten Entwicklungen. Lieberman seinerseits machte die Einführung der Todesstrafe für Terroristen zur Bedingung. Ob Ministerpräsident Benjamin Netanjahu dieser Forderung nachgibt, blieb vorerst offen.

Der absehbare Wechsel im Verteidigungsministerium dient Netanjahus Machtposition in der Regierung und gleichzeitig einem Machtausbau seiner Regierung gegenüber der Armee.

Hochrangige Militärs äußerten sich jüngst immer lauter gegen die zunehmende Gewalt und Intoleranz im Land. Im Gegensatz zu Netanjahu, der die Kritik nicht hören will, motivierte Jaalon die Armeeangehörigen, weiter ihre Meinung öffentlich zu äußern und nach gutem Gewissen zu handeln.

Botschaft ans Ausland

Mit der Koalitiionseinladung an Liebermans ultranationale Partei Israel Beteinu sendet Netanjahu zudem eine Botschaft über die Landesgrenzen hinweg. Sowohl in Paris als auch in Kairo gibt es das Bestreben, den Friedensprozess zwischen Israel und der Palästinensischen PLO wiederzubeleben.

Netanjahu hatte die französische Initiative zwar schon vor Monaten abgelehnt, gerät aber unter Druck, da nun auch die USA ihre Unterstützung ankündigten und die für Ende Mai in Paris geplante Außenministerkonferenz eigens verschoben wurde, um US-Außenminister John Kerry die Teilnahme zu ermöglichen.

Die Initiative der Ägypter stieß zunächst auf eine überraschend positive Reaktion bei Netanjahu. Eine Regierung mit Lieberman als Verteidigungsminister macht es für Kairo allerdings nahezu unmöglich, die Annäherung fortzusetzen. Lieberman, der einst drohte, den Staudamm von Assuan in die Luft zu sprengen, gilt in Ägypten als Persona non grata.

Ägyptens Präsident Abdel Fattah al-Sisi werde vorerst nicht von seiner Unterstützung für neue Friedensverhandlungen ablassen, hieß es in Kairo, allerdings wolle Ägyptens Führung in Zukunft „bei jedem Schritt und jeder Entscheidung“ Garantien von dritter Seite zur Bedingung machen.

Den Palästinensern in schlechter Erinnerung

Auch den Palästinensern dürfte der frühere israelische Außenminister in nicht allzu guter Erinnerung sein. Lieberman schimpfte Palästinenserpräsident Mahmud Abbas einst eine „Kuh, die keine Milch mehr gibt“ und rief dazu auf, Ismail Hanijeh zu ermorden, den politischen Chef der Hamas im Gazastreifen.

Anfang dieser Woche hatte es noch so ausgesehen, als stünde in Israel eine Einheitsregierung bevor. Binnen weniger Stunden machte Netanjahu dann eine überraschende Kehrtwende, sagte dem Sozialdemokraten Herzog ab und lockte den ultranationalen Lieberman mit wichtigen Ministerposten.

Dass sich Herzog überhaupt zu Koalitionsverhandlungen mit Netanjahu hinreißen ließ, könnte nicht nur seiner Karriere ein rasches Ende bereiten, sondern auch seinem Zionistischen Lager, einem Bündnis aus der Arbeitspartei und Ex-Justizministerin Tsipi Livni, die zuletzt die Friedensgespräche im Auftrag Israel leitete.

Aktuelle Fernsehumfragen zeigen, dass die Arbeitspartei infolge von Herzogs Manöver zwischen sieben und elf Mandate einbüßen würde.

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