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Nestlé im BioladenDiese Quattro Formaggi muss es sein

Viele Biomärkte verkaufen Pizzen des Multis. Sie haben Angst, auf den Wiedererkennungswert bekannter Produkte zu verzichten.

Ist diese Pizza bio oder nicht? Foto: imago/Scanpix

Berlin taz | In den Kühltruhen deutscher Biomärkte finden Kund*innen Produkte, die ihnen aus Discountern bekannt vorkommen dürften. Alnatura, denn's sowie kleinere Ketten haben beispielsweise Pizzen der Marke Wagner im Angebot.

Das ehemalige Familienunternehmen Wagner wurde 2013 vom Schweizer Lebensmittelkonzern Nestlé übernommen, behielt jedoch seinen ursprünglichen Namen. Während auf den Verpackungen der konventionellen Pizzen seit dem Eigentümerwechsel prominent das Nestlé-Label prangt, steht auf der Biovariante nur klein der Firmenname. Auf Anfrage der taz verspricht eine Sprecherin von Nestlé Wagner „bei einer zukünftigen Überarbeitung der „Unsere Natur“-Verpackungen den Nestlé Slogan „Good Food, Good Life“ zu integrieren.“

Doch auch bei entsprechender Kennzeichnung wirft der Verkauf von Nestlé-Produkten durch Biomärkte Fragen auf. Der Schweizer Konzern steht immer wieder wegen seiner Geschäftspraktiken in der Kritik. So erklärt etwa Oxfam-Referentin Franziska Humbert: „Nestlé tut nicht genug bei der Umsetzung von Arbeitsrechten in der Produktion seiner Marken.“ Zudem müssten Kleinbauern vielerorts ihr Geschäft aufgeben, weil sie der harten Konkurrenz mit dem Global Player nicht standhielten.

Biohändler jedoch verteidigen den Verkauf der Nestlé-Pizzen. So spricht Ralf Schwarz aus der Leitung des Warenmanagements bei denree – dem Großhändler von denn`s Biomarkt – von einer „langjährigen und vertrauensvollen Partnerschaft“ zur Firma Wagner. Den Inhaberwechsel habe man durchaus kritisch gesehen, „allerdings ist festzustellen, dass Wagner Pizza ein eigenständiger Unternehmsteil ist.“

Der einstige Familienbetrieb gehörte zu den ersten, die Bio-Tiefkühlpizzen auf den deutschen Markt brachten – mit durchaus hohen Standards: Die Pizzen haben zusätzlich zum EU-Bio-Label auch eine Zertifizierung des Naturland-Verbands.

Es ist ein Risiko, geschätzte Marken aus dem Sortiment zu nehmen

Theres Jurenz, Ökofrost

Auch der Großhandel Ökofrost GmbH, spezialisiert auf Bio-Tiefkühlkost und Naturkostfachhandel, hat die „Unsere Natur“-Pizzen bisher nicht ausgelistet, da es immer noch Einzelhändler gibt, die die Produkte im Sortiment führen wollen. Nach der Übernahme Wagners durch Nestlé produziert Ökofrost aber nicht mehr wie zuvor eigene Pizzamarken in den Werkhallen von Wagner.

Gleichwohl betont Theres Jurenz aus dem Ökofrost-Marketing, die Pizza von Wagner sei „für viele Verbraucher eine Qualitätsmarke, die sie auch wiedererkennen, wenn sie vorher konventionell eingekauft haben. Der Naturkostfachhandel geht ein Risiko ein, wenn er eine gelernte und geschätzte Marke aus seinem Sortiment nimmt“.

Kleine Bioläden scheuen dieses Risiko offenbar weniger. Laut Jurenz hätten einige von ihnen die „Unsere Natur“-Pizzen aus dem Sortiment genommen, um ihre Distanz gegenüber Nestlé deutlich zu machen.

Spagat zwischen Nischenmarkt und Mainstream

Der Münchner Biomarkt „Vollcorner“ ist die einzige Kette, die die Nestlé-Wagner Pizza ausgelistet hat. VollCorner überprüft seine Marken nach eigenen Angaben ständig. So kauften die Großkonzerne Danone und Unilever in den letzten Jahren die Bio-Unternehmen Provamel und Pukka auf. Der Münchner Biomarkt reduziert nun das Angebot dieser Marken.

Gleichzeitig betont Marketing-Mitarbeiterin Sophie Krentel: „Für viele Bio-Kunden gehören deren Produkte zum täglichen Essensplan. Deshalb wollen wir unseren Kunden Zeit geben, neue Produkte kennen zu lernen und sie auf diesem Weg begleiten.“ Daher bewerbe VollCorner ökologisch und sozial nachhaltige Alternativen zu Waren, die man aus dem Sortiment nehme und mache die Entscheidung möglichst transparent.

Dass die meisten großen Biohändler sich nicht von den Nestlé-Pizzen verabschieden wollen, zeigt für den Unternehmensberater Klaus Braun die strategische Herausforderung der Branche: „In Zukunft werden die Biohändler den Spagat zwischen Nischenmarkt und Mainstream meistern müssen.“

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8 Kommentare

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  • 9G
    97088 (Profil gelöscht)

    Der letzte Satz ist der entscheidende: „In Zukunft werden die Biohändler den Spagat zwischen Nischenmarkt und Mainstream meistern müssen.“ Denn die geliebten Kunden wünschen das 100-%-Bio und wollen aber den „normalen“ Preis bezahlen und ihre Komfortzone keinesfalls verlassen. Ab und an den Kaffee von der nicaraguanischen Kooperative zu kaufen geht ok - aber am Ende ist es eben doch - bestenfalls - der Tschibokaffee vom Rewe.



    Wer mit regionalen/globalen Naturzerstörer- bzw. Ausbeuterfirmen wie Nestlé, Balsen, Würth, Müllermilch, VW, McDonald, H&M, Primark, Apple, Samsung, Exxon, Shell, etc. nichts zu tun haben möchte, muss diese Produkte eben gänzlich meiden. Selbstverantwortung!

  • 8G
    81331 (Profil gelöscht)

    ...Okay, Nestlé, doch wesentlich schlimmer, für die Umwelt, für Menschen, ist der Verkauf von Lebensmitteln, die Palmöl enthalten. Diese Lebensmittel finden sich in beinahe jedem Naturkostladen.



    Das es auch anders geht, das zeigt die Hofpfisterei in München. Hier werden seit über einem Jahr keine Lebensmittel mehr verkauft, die Palmöl enthalten.

  • Was ist den an Produkten von Nestle und Unilever Bio? Ekliges Industriefoot.



    Und beides Firmen denen die Gesundheit der Menschen egal ist. In Entwicklungsländern überschwemmen sie den Markt mit ungesunden billigen Lebensmitteln für Arme und behaupten das ihre Produkte gesünder und seien als frische Lebensmittel. Hauptsache Profit.

  • Igitt! Das Zeug ist doch ohnehin ungenießbar. Dabei ist Pizza leicht selbst herzustellen. Brauchbare „Pizza-Maker“ (450°C+) gab's schon für 15 Tacken beim Discounter. Nimmt man den Ofen, dauert es natürlich etwas länger.



    Egal, wie dämlich man sich am Anfang anstellen mag, der Geschmack spielt immer in einer anderen Liga. Da können diese armseligen Möchtegernkopien nicht einmal ansatzweise mithalten.

  • Man sollte Bio-Läden nicht mit Ethik-Läden verwechseln.



    In Bio-Läden werden nunmal Bio-Produkte erwartet und angeboten, deswegen ja auch "Bio"-Laden.



    Der (wünschenswerte) Boykott von Nestle-Produkten obliegt letztendlich in erster Linie dem Verbraucher.

    • 8G
      81331 (Profil gelöscht)
      @Zeitwesen:

      ...wieviel 'Bio' darf's denn sein, beim 'Bio-Laden'?



      Äpfel aus Chile? Avocados aus Peru? Gemüse aus Spanien? Palmöl aus Indonesien? Im Winter Tomaten aus Holland?



      Die große 'Bio-Lüge'.



      Zur Zeit gibt es auch Bio-Tomaten aus Deutschland, für 5,99 das Kilo. Der Renner der Saison, sog. Cocktail-Tomaten (eigentlich Tomaten von der Größe, die vor 20 Jahren als 'normal' angesehen wurde) für 8,99 das Kilo.



      Den meisten Anbietern von Bio-Waren geht es nicht mehr um die Umwelt, sondern nur noch um's Geschäft.

    • @Zeitwesen:

      Gleichwohl sehe ich bei Biomärkten eine deutlich stärkere Schnittmenge auch anderer Kriterien wie Regionalität oder eben faire Anbieter, die nicht wie Nestle am liebsten Luft und Wasser privatisieren möchten.



      Und ja, der Großteil dieser Aufgabe ist zumeist Teil des Einkaufs.

      • @emanuel goldstein:

        Letztendlich kann jeder frei interpretieren was sonst noch bei einem Bio-Laden wünschenswert wäre, ob ökologisch und/oder Fairtrade beispielsweise. Das ist aber letztendlich wie gesagt Interpretation mit dem der Begriff Bio-Laden erstmal nichts zu tun hat.



        Nestle-frei (Super-)Märkte/Läden würde ich mir auch wünschen, leider fehlt vielen Verbrauchern das Bewußtsein oder schlicht das Interesse bezüglich Nestle und dessen Machenschaften/Firmenpolitik.



        Der Einkauf richtet sich nunmal nach Kundenwünschen und solange das Konzept Bio-Wagner Pizza von Nestle im Bio-Laden aufgeht kann man dem Laden weniger Vorwürfe machen als dem Kunden.