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Neonazi-Gewalt in Sachsen-AnhaltAngriff mit fatalen Folgen

Neonazis verletzen einen türkischstämmigen Imbissbetreiber in Bernburg lebensgefährlich. Die Polizei ermittelt gegen neun Tatverdächtige.

Tatort Bernburger Bahnhof, Zugang zum Imbiss. Bild: wlf/taz

DRESDEN taz | Ein aus der Türkei stammender Imbissbetreiber ist in der Nacht zum Sonntag auf dem Bahnhof von Bernburg in Sachsen-Anhalt lebensgefährlich verletzt worden. Der 34-Jährige, der seit 13 Jahren in Bernburg lebt, geriet in Konflikt mit neun alkoholisierten jungen Männern, als er sein Schnellrestaurant Alibaba abschließen wollte. Nach Angaben seiner Freundin ließen sowohl die ausländerfeindliche Parolen als auch die Glatzen und Bomberjacken der Männer auf Anhänger der rechten Szene schließen.

Nach verbalen Attacken sollen die Angreifer auf den jungen Türken eingeschlagen und ihn so schwer verletzt haben, dass er in der Universitätsklinik Halle in ein künstliches Koma versetzt werden musste.

Die Mitteldeutsche Zeitung berichtet aus dem Umfeld des Opfers, dass der Imbissbetreiber einen Schädelbruch erlitt und in der Nacht notoperiert wurde. „Nach Auskunft der Ärzte wird er bleibende Hirnschäden behalten“, zitiert das Blatt seinen Bruder. Die ermittelnde Staatsanwaltschaft Magdeburg bestätigte der taz, dass der Schwerverletzte in der Nacht zum Montag noch in Lebensgefahr schwebte. Von zunächst neun festgenommenen Tatverdächtigen befinden sich noch drei in Haft. Sie sind zwischen 24 und 29 Jahren alt. Zwei von ihnen sind der Polizei bereits als „rechtsmotiviert“ bekannt.

Sie gehörten zu einer Gruppe, die aus der Stadt kam und mit einem Bierkasten am Bahnhof eintraf. Als die Beschimpfungen einsetzten, konnte die Freundin des Opfers noch die Polizei alarmieren. Die traf nur zwei Minuten danach am Tatort ein, konnte aber dem Opfer nicht mehr helfen. Gegen die Festgenommenen ermittelt der Staatsschutz. Ihnen wird versuchter Totschlag und gefährliche Körperverletzung vorgeworfen.

Die Grünen in Sachsen-Anhalt lobten die schnelle Reaktion des Bernburger Polizeireviers als „gutes Signal“. Ihr innenpolitischer Sprecher Sebastian Striegel geht nach den Indizien ebenfalls von einem rechtsextremen Angriff aus. Er forderte die Ermittlungsbehörden auf, insbesondere die Motive der Täter zu ergründen. Präventiv sollten die Mittel des Landesprogamms für Demokratie auf drei Millionen Euro aufgestockt werden, um Bildungs- und Beratungsarbeit im Kampf gegen rechts zu verstärken.

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19 Kommentare

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  • Danke fuers Kompliment. Jetzt muesste ich noch an den beschissenen Zustaenden was aendern koennen.

  • Es sind keine Pimmelkranken, es sind Personen, die sich an uebersteigerten und fehldefinierten Selbstbehauptungsbeduerfnissen berauschen. Manche dieser Unsympathen fahren Auto, manche werden politisch instrumentalisiert und manche sind einfach nur verdummt. Aber alle sind sie Feigheitsopfer.

    • P
      Peter
      @aujau:

      toller beitrag. :) sehr treffend formuliert, find ich.

  • G
    Gast

    Das Recht auf Selbstverteidigung liegt nahe, daß ich auf Nazis den Gebrauch einer Schußwaffe gebrauchen darf.

  • N
    Naja

    Der Alltag sieht trotzdem so aus. Täglich der regionsalen presse zu entnehmen. Der Alltag interesseirt in der taz, der ARD, der SZ.....natürlch nicht. Deshalb interessieren mich solche Fälle nicht.

  • M
    Michael

    Wohl eher versuchter Mord, wenn sich die Darstellung hier bewahrheitet. Oder warum wird wegen versuchten Totschlags ermittelt?

     

    Michael

  • PH
    Peter Haller

    @GIA

    Wo heisst es doch immer "aus Versehen haben die drei einige Minuten lang auf ihr Opfer eingetreten"...bla,bla,bla ?

    Könntest du mich mal aufklären ?

     

    @Snoopy

    Was hat nun gleich Nigeria mit Bernburg zu tun ??

  • Das passiert in Wien auch oft. Die Taeter werden dann abgeschoben und aus der Versicherung gekuendigt und die Opfer prahlen mit ihren Taten. Es ist aber nicht mehr so auffaellig wie 1945 es geht automatisch und die zeugen werden routiniert entsorgt und marginalisiert und die sozialistischen Leute sind die Haupttaeter. Das war auch fuer mich am Anfang schwer zu glauebn, aber das einzige was Terrorregime (also welche die Angst verbreiten, die man nicht durch Schlafen ueberwinden kann und die ausgeuebt wird um Gewaltbereitschaft zu erhoehen)beherrschen Wortkunst ist um Risken auszulagern, aber wir haben das Nazigeschwaetz bei Beschwerden und Anzeigen dokuemntiert und wie routiniert die Straftaetergruppe vorgeht. 1945 findet seit 2 Jahren statt und der Spiegel schwaetzt sich noch immer eins. Einfach dokumentieren und an die USA schicken.

    • G
      gast
      @Erwin Wolfram:

      Was hat das bitte mit dem Artikel zu tun ???????????????????

    • @Erwin Wolfram:

      Verstehe ich nicht.

      Wohin soll man deutsche Täter abschieben und mit welchen Taten soll das Opfer prahlen?

      Versicherung kündigen?

      • @vic:

        Nach Österreich, wohin sonst?

  • M
    Munster

    In meinem Kiez würde kürzlicher ein junger Mann von einer Gruppe türkischer Migranten lebensgefährlich verletzt.

    Damit reiht er sich in eine Reihe von vielen Opfern derartiger Übergriffe ein, aber das scheint niemanden zu interessieren. Die TAZ schon gar nicht, die bringt lieber nen Artikel, wenn 1x im Jahr (was sicher auch schlimm genug ist) irgendwer von Neonazi's verprügelt wird. Nicht falsch verstehen: Auch ich finde derartige Übergriff widerlich, aber diese populistische, einseitige Berichterstattung ist es genauso!

    • S
      Stefan
      @Munster:

      Genau! Es passiert 1x im Jahr! Ansonsten wollen die nur spielen... in was für einer verdunkelten Welt leben Sie denn?

    • K
      kotzbrech
      @Munster:

      "In meinem Kiez würde kürzlicher ein junger Mann von einer Gruppe türkischer Migranten lebensgefährlich verletzt.

      Damit reiht er sich in eine Reihe von vielen Opfern derartiger Übergriffe ein, aber das scheint niemanden zu interessieren."

      ...und d a s hätte k e i n Presseorgan interessiert ? Glaube das wer will . Geben Sie doch mal Ort und Zeit an , wenn's beliebt .

  • H
    Heinz

    Ich hoffe, dass der Mann wieder vollständig genesen wird. Gute Besserung und Solidarität.

  • S
    Snoopy

    Das wird immer wieder passieren, in Deutschland, Europa und aktuell Nigeria.

  • G
    Gia

    Der Fall ist schrecklich und zeigt wieder mal, dass wir etwas gegen dumpfe Gewalttäter tun müssen.

    Aber ich frage mich, was jetzt daran so viel anders ist als wenn vier Leute auf Jonny K. eintreten oder eine größere Gruppe in Weihe jemanden das Hirn zertrampelt?

     

    Warum sind die Grünen nur hier entsetzt? Sonst heißt es doch immer "aus Versehen haben die drei einige Minuten lang auf ihr Opfer eingetreten, gingen dabei aber natürlich nie davon aus, dass sie ihn ernsthaft verletzen könnten, ich denke, wir sollten milde Urteilen"?

    • M
      Memmenheld
      @Gia:

      Das ist kein Unterschied, das ist alles Gewalt von pimmelkranken unsicheren Machos, und ich find die alle scheisse, egal wo deren Eltern geboren sind.

      Welcher Grüne genau behauptet jetzt das Gegenteil?