Negativpreis Goldener Windbeutel: Zuckersüße, dreiste Werbelüge

Alete spricht von „ohne Zuckerzusatz“, dabei besteht der Snack zu fast 72 Prozent aus Zucker. Dafür gibt es den Schmähpreis „Goldener Windbeutel“.

Goldener Windbeutel

So sieht er aus: der Goldene Windbeutel Foto: imago

BERLIN afp | Der Negativpreis „Goldener Windbeutel“ geht in diesem Jahr an den Hersteller von Baby- und Kindernahrung Alete für einen Fruchtsnack für Kinder. Rund 57 Prozent der etwa 56.000 Teilnehmenden an der Online-Umfrage sahen in den Obsties die „dreisteste Werbelüge“ dieses Jahres, wie die Verbraucherorganisation Foodwatch am Dienstag mitteilte. Alete nutze die Bezeichnung „ohne Zuckerzusatz“, obwohl der Snack zu fast 72 Prozent aus Zucker bestehe.

Auch wenn es sich bei dem Zucker in dem Snack ausschließlich um Fruchtzucker handele, sei dieser in verarbeiteten Produkten nicht besser zu bewerten als Haushaltszucker, erklärte Foodwatch. Und ungesunde Ernährung im Kindesalter könne im späteren Leben zu schwerwiegenden Folgeerkrankungen wie Typ-2-Diabetes führen. Die Verbraucherorganisation forderte die Bundesregierung auf, Junkfood-Werbeschranken zum Kinderschutz einzuführen und diese auch auf die Verpackungsgestaltung auszuweiten.

Der Hersteller des Alete-Produktes, der Molkereikonzern Deutsche Milchkontor (DMK), reagierte gegenüber Foodwatch auf die Kritik und erklärte, dass es bei den Obsties zu einer „Aufkonzentrierung des natürlichen (Frucht-)Zuckers“ komme. Das Unternehmen ordne die Obsties als „süßen Snack“ und nicht als Obstersatz ein. Auf der Packung werde angegeben, dass Kinder maximal eine Portion, also eine Handvoll Obsties pro Tag essen sollten. Das entspreche fünf Gramm des Snacks pro Tag. Die Angaben dafür finden sich den Angaben zufolge „transparent in der Nährwerttabelle wieder“.

Die Verbraucherorganisation hatte fünf Lebensmittel für den Goldenen Windbeutel nominiert. Platz zwei ging mit knapp 27 Prozent der Stimmen an das Cremissimo Bourbon Vanille Eis von Langnese. Dieses ist nach Ansicht von Foodwatch „ein besonders dreistes Beispiel für Shrinkflation“. Der Hersteller Unilever habe die Packungsgröße von 1.300 Millilitern auf 900 Milliliter reduziert, den Preis von 3,99 Euro aber beibehalten. Die Verbraucherorganisation spricht daher von einer Preiserhöhung um 44 Prozent.

„Preise im gesamten Cremissimo-Sortiment angepasst“

Hersteller Unilever erklärte nach der Nominierung auf Anfrage der Nachrichtenagentur AFP, das Unternehmen reagiere mit dem reduzierten Inhalt „auf die steigende Nachfrage nach kleineren Produktvarianten in unserem Sortiment“. Die 900-Milliliter-Packung sei eine Lösung für Haushalte mit geringerem Eisbedarf oder kleineren Gefrierschränken. Die Preise seien zudem im gesamten Cremissimo-Sortiment „angepasst“ worden und berücksichtigten mehrere Faktoren, „darunter Rezepturverbesserungen und die Verwendung nachhaltiger Rohstoffe“.

Auf dem dritten Rang lag die Vegane Schinken Spicker Mortadella von Rügenwalder Mühle. Hier hält Foodwatch die Angabe „Auf Basis von Sonnenblumenkernen“ für irreführend, weil das Produkt zu lediglich zwei Prozent aus Sonnenblumenprotein bestehe.

Rügenwalder sieht darin keine Täuschung der Verbraucherinnen und Verbraucher, wie das Unternehmen erklärte. Auf den Verpackungen werde immer die Zutat ausgewiesen, die das Fleisch als Nährstoffgeber maßgeblich ersetzt. Dies müsse jedoch nicht zwangsläufig die Zutat mit dem größten Mengenanteil sein. Die vegane Mortadella erhielt 11,1 Prozent der Stimmen.

Eher abgeschlagen auf den Plätzen vier und fünf lagen der Riegel „Pretty Little Meal Bar“ vom Hersteller Offset Nutrition (2,9 Prozent) und die „Heisse Tasse Champignon Creme von GB Foods Deutschland (2,2 Prozent). Bei Offset Nutrition kritisierte Foodwatch, dass das Unternehmen seinen Riegel besonders in den sozialen Medien als „Hauptmahlzeitersatz“ bewerbe. Tatsächlich steckten darin fast fünf Zuckerwürfel. Bei der „Heisse Tasse Champignon Creme“ ist nach Ansicht von Foodwatch zu wenig Gemüse enthalten.

Foodwatch vergab den Goldenen Windbeutel zum 13. Mal. Die Verbraucherorganisation engagiert sich seit langem gegen Etikettenschwindel und fordert verbesserte Kennzeichnungsregeln.

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