Nazis in der Bundeswehr: Mit der 88 in die Kaserne
In Berlin wurde ein Auto mit Zugangsberechtigung für eine Bundeswehreinrichtung fotografiert. Auf dem Armaturenbrett: die Unterschrift Adolf Hitlers.
Der taz liegen Aufnahmen eines in Berlin zugelassenen Pkw mit einer Zugangsberechtigung für die Kaserne vor, gültig bis zum 30. April 2020, gesiegelt vom „Kommando Territoriale Aufgaben“ der Bundeswehr, das in der Kaserne ebenfalls seinen Sitz hat. Auf dem Armaturenbrett des Zivil-Pkw ist in riesigen Buchstaben eine Abbildung der Original-Unterschrift von Adolf Hitler aufgeklebt. Das Kennzeichen endet auf -888. Die Zahlenkombination „88“ ist unter Rechtsextremen als Chiffre für „Heil Hitler“ – „H“ ist der achte Buchstabe des Alphabets – verbreitet. Sie ist deshalb in Brandenburg, Bayern und Sachsen-Anhalt als Autokennzeichen verboten.
Bei der Bundeswehr hat die 88 auf dem Nummernschild aber niemanden gestört. Denn eine Anfrage beim Kommando Territoriale Aufgaben ergibt: Die Zugangsberechtigung ist echt. „Die wurde tatsächlich für einen Pkw mit diesem Kennzeichen ausgestellt“, sagt ein Sprecher der taz. Auf dem Kfz-Kennzeichen ist über dem Deutschland-Kürzel das Logo der Bundeswehr zu sehen. Das habe allerdings keine offizielle Bedeutung, so der Sprecher. Dienstwagen seien an dem „Y“ am Anfang des Kennzeichens zu erkennen. Das fragliche Kfz aber beginnt mit „B“ für Berlin.
Der Inhaber war als Soldat in der Kaserne im Dienst, so der Sprecher weiter, sei aber zum 30. Juni regulär ausgeschieden. Den Parkausweis habe er „offenbar vergessen zurückzugeben.“ Mit ihm allein könne er allerdings keinen Zugang mehr zum Kasernengelände erhalten. Dazu sei zusätzlich ein Truppenausweis nötig. Ob den abzugeben auch vergessen wurde, dazu sagte der Sprecher nichts.
Die Julius-Leber-Kaserne diente in der NS-Zeit der Fallschirm-Panzer-Division 1 Hermann Göring, später wurde sie nach dem Widerstandskämpfer und SPD-Politiker Julius Leber benannt. Von disziplinarischen Auffälligkeiten des Soldaten mit dem Auto mit Nazi-Symbolik sei nichts bekannt, so das Kommando Territoriale Aufgaben“. Weil der Soldat seit über drei Monaten der Truppe nicht mehr angehöre, könne die Bundeswehr zu der Sache nichts weiter sagen. In welchem Bereich der Soldat eingesetzt worden war und wie lange er Dienst bei der Bundeswehr getan hat, wollte der Sprecher ebenfalls nicht sagen – aus Datenschutzgründen.
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