piwik no script img

Naziaufmärsche in DresdenDie braune Bescheidenheit

Rechtsextreme stapeln in Aufrufen zum Bomben-Gedenken in Dresden bewusst tief. Die Stadt tappt in die Falle – und spart sich den Appell für einen Sammelprotest.

Schön bunt: Nazi-Gegner protestieren friedlich 2011. Bild: dapd

DRESDEN taz | Im Bürgerbüro des Bündnisses „Dresden Nazifrei“ können Journalisten schon einmal die Blockadesitzkissen aus Schaumstoff probieren. Denn auch in diesem Jahr hält das Bündnis an der Absicht fest, Naziaufmärsche aus Anlass der Bombardierung Dresdens am 13.Februar 1945 zu verhindern.

„Wir werden wieder einschreiten, falls Nazis erneut versuchen, die NS-Geschichte zu verklären“, so die stehende Redewendung. Immerhin einen „Trauermarsch“ hat ein rechtes „Aktionsbündnis gegen das Vergessen“ für 18 Uhr am Abend des Aschermittwochs 2013 wieder angemeldet.

Angesichts der Erfolge des Vorjahres, als es gelang, die Naziveranstalter zu spalten, stellt sich heuer die Frage, was es noch zu blockieren gibt. Seit 2010 haben sich die konsequente Blockadestrategie des auch überregional gut vernetzten Bündnisses sowie ein Lernprozess bei den Kontrahenten innerhalb der Stadt offenbar auch auf die PR der Rechtsextremisten ausgewirkt.

So fällt die aktuelle Wortwahl des NPD-Kreisverbandes Dresden auf. Es sei nicht das Ziel, „mit dem größten nationalen Aufmarsch in Deutschland oder gar Europa aufzutrumpfen“, gibt sich Sprecher Thorsten Thomsen ungewohnt zahm. Kernanliegen sei vielmehr ein würdiges Gedenken und ein Mahnmal für die Opfer des Luftangriffs.

Stadtverwaltung wird leichtsinnig

In der Stadtspitze führt der erwartete geringere Mobilisierungsgrad der Braunen schon wieder zu einem gewissen Leichtsinn. Eine im Vorjahr von der AG 13. Februar organisierte Kundgebung aller Nazigegner steht in diesem Jahr nicht mehr auf dem Programm. Der Gewerkschaftsbund DGB wird aber wahrscheinlich noch zu einer solchen Demo aufrufen.

Unverändert veranstalten das Rathaus und zahlreiche weitere Unterstützer um 17 Uhr wieder eine Menschenkette. Neben den möglichen Blockadeversuchen am offiziell noch unbekannten Sammelpunkt der Nazis lädt „Dresden Nazifrei“ für 12.30 Uhr erneut zum Rundgang „Täterspuren“ ein. Zahlreiche Diskussionsveranstaltungen sind bereits seit Mitte Januar im Gang, darunter auch solche über den Dresden-Film „Come together“ der Regisseurin Barbara Lubich.

Am Montag zogen Abgeordnete, Betroffene und das Nazifrei-Bündnis eine vorläufige Bilanz der Verfolgung vermeintlicher Straftaten gegen das Versammlungsgesetz vom 19. Februar 2011. Damals war es in der Südvorstadt zu teils gewaltsam geräumten Platzbesetzungen und Krawallen gekommen. 351 Personen seien deshalb verfolgt worden, teilte der Grünen-Landtagsabgeordnete Johannes Lichdi mit. Neben Einstellungen mit oder ohne Geldbußen seien aber nur fünf Verfahren überhaupt zu einer gerichtlichen Entscheidung gelangt.

Blockierer wollen Klärung

Davon endeten zwei mit Freispruch, eine Verurteilung verwies das Oberlandesgericht mit bemerkenswerten Auflagen an das Amtsgericht Dresden zurück. Weitere zwei Verurteilungen bis zu 15 Tagessätzen sind wegen der geringen Summe nicht mehr angreifbar. Eine der Verurteilten erklärte ihre Unschuld und sagte, dass es in ihrem Fall an der Fritz-Löffler-Straße weitab jedes Nazi-Aufmarsches friedlich zugegangen sei.

Die Blockierer wünschen sich eine möglichst höchstinstanzliche juristische Klärung der Blockadevorwürfe mit Präzedenzcharakter. Deshalb hat auch der grüne Landtagsabgeordnete aus Dresden, Johannes Lichdi, nicht so viele Bauchschmerzen, weil am Mittwoch vom Sächsischen Landtag seine Immunität aufgehoben werden soll.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

10 Kommentare

 / 
  • MH
    Marco Hoffmann

    "

    deshalb wären genau genommen auch die dort lebenden Juden Palästinenser! Es gibt kein eigenes palästinensisches Volk, sondern es sind Araber

    "

    (29.01.2013 15: 52 UHR von HinzundKunz)

     

    Juden sind Araber? Du kannst mir also erklären, wann man Jude ist, das trifft sich gut, denn die juden wissen das (und wer damit das recht auf rückkehr hat, israeli national ist) nämlich nicht:

     

    "

    @ Lymed: Did you follow the debate in Britain over the definition of Judaism? A Jewish refused to admit the child of convert parents. The couple sued the school and won. The court decreed that Judaism was a religion, so race could not be a factor. Anyway, it was controversial because it divided the Jewish community over the question of "who i s a Jew? and "can a British court decide who a Jew is" .

    "

    http://jezebel.com/5592676/palestinian-man-is-convicted-of-rape-after-lying-about-being-a-jew

     

    Erinnerung an die nakba ist auch verboten, wird das von der antifa unterstützt?

     

    "

    As soon as the activists attempted to exit an office building to place small placards on Ibn Gvirol Street memorializing Palestinian villages destroyed during the Nakba, riot police surrounded them with metal gates, blocking them inside. The police informed them that they would be arrested if they attempted to interact with the crowds celebrating Israel’s birth. “ We will not allow you to enter the celebrations with your pictures or your fliers , ” a cop told Zochrot’ s Eitan Bronstein. “ We will not allow this form of protest . It might disturb the peace so we won’ t allow it. ”Another police officer told Bronstein his placards represented “ inciting material. ”

    "

    http://maxblumenthal.com/tag/nakba/

     

    Ich hatte auch hierauf geantwortet, aber die taz schaltet meine beiträge zum thema nicht frei, ob seine heiligkeit mich nun zum kommentieren auffordert oder nicht.

     

    "

    Das ist so, als ob der Papst eine Gedenkveranstaltung für die durch die Inquisition verbrannten Menschen abhalten würde .

    "

    ( 28. 01. 2013 22: 44 UHR von HinzundKunz)

  • H
    HinzundKunz

    "Die Stadt tappt in die Falle – und spart sich den Appell für einen Sammelprotest."

     

    Nebenbei, auf die von der Stadt wurde sich noch nie verlassen oder gewartet, denn sonst wäre hier alles längst zu spät. Bis heute wird hier versucht, die Nazis und Gegendemonstranten in einen Topf zu werfen, sie als gemeinsamen störenden Faktor zu propagieren und das gerade von christlicher Unionsseite und ihren Erfüllungsgehilfen, der Partei der Besserverdienenten, der FDP! Die finden auch nichts dabei, mit der NPD zusammen Kränze niederzulegen, an einer Gedenkstätte auf dem Heidefriedhof, die einst durch die Nazis als Thingkreis angelegt wurde, man hat einfach die Beschilderung gewechselt. Den Nazis gefällt`s.

  • H
    HinzundKunz

    @Marco Hoffmann

    Und was hat dein blödes Gekritzel mit Dresden zu tun! Drückt die Mütze? Willst du hier damit deinen Antisemitismus legitimieren? Palästinensische Wohnhäuser? Bei aller Kritik am Vorgehen Israels, aber es ist nur der Landstrich, der so heißt, deshalb wären genau genommen auch die dort lebenden Juden Palästinenser! Es gibt kein eigenes palästinensisches Volk, sondern es sind Araber, die in einem Gebiet leben, welches Palästina genannt wird. So und nun kommst Du!

  • H
    HinzundKunz

    @Arno Greutz

    "Nicht drauf einprügeln."

    Bitte, von darauf einprügeln hat keiner gesprochen, das ist nicht das Ziel, aber zugegeben, unter ungünstigen Umständen kann auch das passieren. Dann nämlich, wenn, so wie 2011 geschehen, plötzlich 200 Nazis ohne Polizeibegleitung anfangen, Wohnhäuser zu zerstören ("Die Praxis") oder so wie an der Marienbrücke 2010 geschehen, wo Nazis im Rudel plötzlich die S-Bahn verließen und vom Gleiskörper aus eine Gewerkschaftsdemo mit Steinen angriffen!

    Denen geht es eben nicht um würdiges Gedenken, denn wenn die Nazis eine Möglichkeit bekommen, dann geht es denen um Straßenkampf, was auch intern so kommuniziert wird und 2011 ausgiebig beobachtet werden konnte!

  • W
    Weinberg

    Können die Nazis mit einer Unterstützung durch die Justiz des Freistaats Sachsen rechnen?

  • AA
    Anita Afitna

    @ Arno:

     

    "Wegignorieren" hat ja auch schon beim historischen Nationalsozialismus so hervorragend funktioniert.

     

    Im Ernst:

     

    Denken Sie wirklich, nur weil Sie einen auf Drei-Äffchen-Prinzip machen wollen - nichts sehen, nichts hören, nicht sagen - tun die Nazis Ihnen den gefallen und lösen sich in Luft auf?

     

    NAZIS BLOCKIEREN - FREIHEIT FÜR TIM!

  • MH
    Marco Hoffmann

    Der Bundestag konnte es nicht wissen, es stand (gestern) im internet.

     

    "

    Israelische Stadtverwaltung zerstört Wohnhäuser

     

    Arbeiter der Stadtverwaltung der israelischen Besatzung von Jerusalem rissen am heutigen Montag 2 palästinensische Wohnhäuser in Ostjerusalems Stadtteil Silwan ab. Die Begründung wie üblich: Bauen ohne Genehmigung.

     

    Der Sprecher des Verteidigungskomitees von Silwan teilte WAFA mit, dass die Arbeiter von einem größeren Polizeiaufgebot abgesichert wurden als sie mit ihrer Arbeit begannen. Alle Zufahrtsstraßen zum Viertel wurden gesperrt.

     

    Bewohner des Viertels versuchten den Abriss aufzuhalten und bedrängten die israelischen Polizeikräfte. Dabei wurden viele verletzt, darunter auch Frauen.

     

    Ein Ehepaar wurde von den üblicherweise eingesetzten Gummiummantelten Stahlgeschossen am Kopf verletzt. 3 Personen wurden verhaftet.

     

    Die Polizei hinderte Journalisten und Menschenrechtsaktivisten am Betreten der Szene und damit an der Dokumentation der Arbeiten.

     

    Die städtischen Arbeiter und die Polizei blieben im Stadtviertel, da offensichtlich noch andere Häuser für einen Abriss vorgesehen sind.

     

    www.freunde-palaestinas.de / AG , 28.01.2013

     

    ----------------------------

     

    Jüdische Siedler errichten illegalen Außenposten bei Qalqilia

     

    Vor 10 Tagen begannen israelische Siedler einen Außenposten ihrer illegalen Siedlung Al-Yobik einzurichten.

     

    Der Bau der Trennungsmauer war gerade abgeschlossen, als die Siedler begannen, Mobilhäuser heranzufahren und auf dem palästinensischen Land in der Westbank aufstellten.

     

    Die Siedler versuchten, wie seit Jahrzehnten üblich, Fakten vor Ort zu schaffen und sprachen immer wieder von "Unterkünften der Bauarbeiter" an der Apartheidmauer.

     

    Nur wenig später begannen sie mit professionellem Gerät Gräben für Wasserleitungen und der Stromversorgung auszuheben.

     

    www.freunde-palaestinas.de / AG , 28.01.2013

    "

    http://www.freunde-palaestinas.de/13/ph_0128.html

  • S
    Sören

    @Arno: Warum Gegenprotest und nicht ignorieren? Ganz einfach, die Erfahrung lehrte uns Bewohner dieser Stadt, daß genau das Ignorieren nicht funktionierte: Die Aufmärsche wurden von Jahr zu Jahr größer, massiver und internationaler. Man darf nicht vergessen, daß selbst die Länder, die Opfer des Naziterrors wurden, heute eine beachtliche Naziszene aufzuweisen haben und auch die waren "unsere Gäste" am 13. Februar bzw. dem Wochenende danach.

    Die Naziaufmärsche zu blockieren, war und ist die einzig zielführende Methode, dem braunen Spuk Einhalt gebieten zu können. Die vergleichsweise albernen Händchenhalteaktionen der Stadt, mit Verlaub, sind völlig wirkungslos und hatten bzw. haben allenfalls symbolischen Charakter.

    Somit schließe ich mich "NAZIS BLOCKIEREN - FREIHEIT FÜR TIM!" an.

  • AG
    Arno Greutz

    Warum überhaupt Gegenprotest?

    Damit wertet man die Demo der Rechten doch erst auf.

    Ignorieren.

    Mit dem Rücken zur Straße stehen.

    Nicht drauf einprügeln.

    Das wollen die doch.

    Seit Gandi sieht sich doch jeder gern in der Opferrolle.

  • H
    HinzundKunz

    "... gibt sich Sprecher Thorsten Thomsen ungewohnt zahm. Kernanliegen sei vielmehr ein würdiges Gedenken und ein Mahnmal für die Opfer des Luftangriffs."

     

    Das ist so, als ob der Papst eine Gedenkveranstaltung für die durch die Inquisition verbrannten Menschen abhalten würde. Genauso wenig ernst zu nehmen, ist dieses Gewäsch von diesem Nazi! Dieser erbärmliche heuchlerische Wicht wird auch in diesem Jahr maximal um den Busbahnhof laufen, wenn überhaupt! NAZIS BLOCKIEREN - FREIHEIT FÜR TIM!