Nazi-Netzwerk in Gefängnissen: Patzer beim Verfassungsschutz
Sie hatten die Biker-Zeitschrift abonniert, übersahen aber das Inserat für die „AD Jail Crew“. Der hessische Verfassungsschutz machte laut Medienberichten Fehler.
BERLIN/MÜNCHEN dpa | Im Fall des Netzwerks von inhaftierten Rechtsextremisten hat es nach Medienberichten eine Panne im hessischen Verfassungsschutz gegeben.
Die Behörde in Wiesbaden habe die Werbeanzeige für die Organisation „AD Jail Crew“ übersehen, obwohl die Behörde die Motorradfahrerzeitschrift Bikers News abonniert hat. Das berichteten die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung und das Nachrichtenmagazin Focus mit Bezug auf Sicherheitskreise.
Der Kopf der Gruppe hatte im Oktober 2012 eine Annonce in der Zeitschrift veröffentlicht. Der Neonazi wollte die Organisation aus der Justizvollzugsanstalt Hünfeld in Hessen heraus aufbauen. Die Anzeige enthielt neben Tarncodes der Neonazi-Szene auch den Geburtstag Hitlers als Gründungsdatum.
Nach dpa-Informationen liest im Verfassungsschutz die Abteilung Organisierte Kriminalität, die sich auch mit Rockerklubs beschäftigt, die Bikers News. Inhaftierte Rocker schalten viele Anzeigen in der Zeitschrift. Ein hoher Beamter aus Hessen räumte im Focus ein: „Da hätte man besser sein können. Die Arbeit muss in Zukunft noch stärker koordiniert werden.“
Die Staatsanwaltschaft Frankfurt und das hessische Landeskriminalamt ermitteln gegen drei Häftlinge in Hünfeld wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung. Zudem gehen sie dem Verdacht nach, dass die Gruppe eine Ersatzorganisation der 2011 verbotenen rechtsextremen „Hilfsorganisation für nationale politische Gefangene“ (HNG) gegründet hat. Die neue Gruppe wollte den Angaben zufolge auch die mutmaßliche NSU-Terroristin Beate Zschäpe ansprechen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
MLPD droht Nichtzulassung zur Wahl
Scheitert der „echte Sozialismus“ am Parteiengesetz?
Fake News liegen im Trend
Lügen mutiert zur Machtstrategie Nummer eins
Prozess zu Polizeigewalt in Dortmund
Freisprüche für die Polizei im Fall Mouhamed Dramé
Proteste in Georgien
Wir brauchen keine Ratschläge aus dem Westen
Mord an UnitedHealthcare-CEO in New York
Mörder-Model Mangione
Förderung von E-Mobilität
Habeck plant Hilfspaket mit 1.000 Euro Ladestromguthaben