Nato, Ukraine und Russland: Gefährliches Säbelrasseln
Die Unterstützungsbekundungen der Nato für die Ukraine sind leeres Geschwätz. Bei einem Einmarsch Russlands würde die Nato nichts tun.
D ie Kreml-Astrologie hat dieser Tage wieder Hochkonjunktur. Russlands Präsident Wladimir Putin lässt 115.000 Soldaten an der Grenze zur Ukraine aufmarschieren und alle Welt fragt sich, warum nur. Geht es lediglich um eine Drohgebärde, wie im vergangenen Frühling, als auch schon einmal rund 100.000 an der Grenze stationiert waren? Oder ist dies das Vorspiel zu einer größeren Militäroperation in Gestalt einer Intervention? Moskau kommentiert heute wie damals lapidar: Man könne Truppen auf seinem Territorium schließlich nach eigenem Ermessen bewegen.
So unklar die Gefechtslage derzeit auch sein mag – der verbale Schlagabtausch hat längst begonnen. Während Moskau die Nato davor warnt, „rote Linien“ zu überschreiten, redet Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg von einem hohen Preis, den Russland im Falle einer Aggression zahlen müsse.
Noch-Außenminister Heiko Maas beschwört die ungebrochene Unterstützung der Nato für die Ukraine, deren Unabhängigkeit und territoriale Integrität nicht zur Diskussion stünden. Diese hehren Worte sind leeres Geschwätz. Sollte Russland tatsächlich in der Ukraine einmarschieren, würde die Nato keinen Finger krümmen.
Genauso ins Reich der Fantasie gehört die Annahme, die Ukraine könnte in absehbarer Zeit Mitglied des westlichen Verteidigungsbündnisses werden – von wegen. Im „besten“ Fall fallen für Kiew jetzt ein paar zusätzliche Waffenlieferungen ab. Für eine wirksame Abschreckung dürfte das kaum reichen.
Ungemach dräut dem Präsidenten der Ukraine im Übrigen nicht nur von außen. Präsident Selenski sagt Rinat Achmetow, dem mächtigsten Oligarchen im Land, den Kampf an. Der soll daran beteiligt sein, einen Putsch vorzubereiten. Innenpolitische Instabilität ist das letzte, was Selenski derzeit gebrauchen kann. Wir erinnern uns: Im Februar 2014, nach dem Sturz des damaligen Staatschefs Wiktor Janukowitsch, herrschte ein politisches Vakuum in Kiew. Im März annektierte Moskau die Krim.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Streit um tote Geiseln in Israel
Alle haben versagt
Comeback der Linkspartei
„Bist du Jan van Aken?“
Nach Taten in München und Aschaffenburg
Sicherheit, aber menschlich
CDU-Chef Friedrich Merz
Friedrich der Mittelgroße
Soziologische Wahlforschung
Wie schwarz werden die grünen Milieus?
Klimaneutral bis 2045?
Grünes Wachstum ist wie Abnehmenwollen durch mehr Essen