Truppen an der Grenze Russland/Ukraine: Angst vor einem Krieg

Russische Truppenverlegungen an die ukrainische Grenze, US-Waffenlieferungen an die Ukraine – beide Seiten beschuldigen sich der Aggression.

Zwei Frauen sitzen auf einer Bank und schauen auf den russischen Kreuzer

Russischer Kreuzer im Schwarzen Meer vor der Krim Foto: Alexey Pavlishak/reuters

KIEW taz | Am katholischen Weihnachtsfest, Ende Januar oder auch Anfang Februar, wird Russland gegen die Ukraine militärisch ins Feld ziehen. Davon gehen zumindest führende Politiker und Militärs der USA und der Uk­raine aus.

Als Anfang November eine hochrangige ukrainische Regierungsdelegation die USA besuchte hatte, hatte US-Außenminister Anthony Blinken öffentlich seine Besorgnis über die jüngste Konzentration russischer Truppen an der Grenze zur Ukraine zum Ausdruck gebracht. Bereits am 2. November hatte das US-Verteidigungsministerium mitgeteilt, dass 90.000 russische Soldaten in der Nähe der ukrainischen Grenze stationiert seien.

In der Folge häuften sich in der Ukraine die Stimmen derer, die vor einem Angriff Russlands in den nächsten Wochen warnten. In den USA, so die Ukrajinska Prawda, gehe man davon aus, dass Putin für Anfang 2022 eine Invasion plane. Dafür, so die Zeitung unter Berufung auf US-Quellen, stünden 100.000 Mann zur Verfügung.

Auch der Chef des Nachrichtendienstes des ukrainischen Verteidigungsministeriums, Kirill Budanow, erwartet einen russischen Angriff Anfang des Jahres. Demgegenüber meint der ukrainische Verteidigungsminister Alexej Resnikow, Putin habe noch keine Entscheidung darüber getroffen, „die ukrainische Grenze zu überschreiten und alle Brücken niederzubrennen“.

Die Kosten eines Krieges wären Russland zu hoch

Der ukrainische Premierminister Denys Schmyhal, so das Portal vesti.ua, sieht derzeit ebenfalls keine Anzeichen eines bevorstehenden Angriffs. Zwar könne man das nicht ausschließen, kommentiert vesti.ua, es könne aber auch reine Stimmungsmache sein.

Gegenüber dem Portal obozrevatel.com, das üblicherweise eher Falken zu Wort kommen lässt, sieht der russische Oppositionelle Igor Jakowenko in den Truppenkonzentrationen in Grenznähe zur Ukraine eher eine Provokation Putins. Dieser wolle auf den Westen Druck ausüben, den Betrieb von North Stream 2 endlich zu ermöglichen. Doch die vielen russischen Toten bei einem derartigen Krieg würden auch die Schmerzgrenze der russischen Gesellschaft überschreiten, so Jakowenko. Gleichzeitig könnte der Westen bei einem Krieg Russland mit einem totalen Energieboykott und einem Ausschluss des Landes vom Swift-Zahlungssystem wirtschaftlich zu Fall bringen.

In der russischen Präsidialadministration verneint man jegliche Pläne, die Ukraine angreifen zu wollen. Es sei vielmehr die Ukraine, die aggressive Pläne hege. „US-amerikanische und ukrainische Medien behaupten, Russland bereite eine Aggression gegen die Ukraine vor. Wir aber sind der Auffassung, dass die Ukraine eine Aggression gegen den Donbass plant“, zitiert die russische Nachrichtenagentur RIA Putins Sprecher Dmitrij Peskow. US-Waffenlieferungen an die Ukraine würden die Situation an der Waffenstillstandslinie zusätzlich erschweren.

Der Abgeordnete der ukrainischen Regierungspartei „Diener des Volkes“, Ihor Kopytin, bestätigte, dass die Ukraine im Donbass ein in den USA hergestelltes Panzerabwehrraketensystem vom Typ Javelin eingesetzt hatte. Dabei waren diese Waffen an die Ukraine unter der Bedingung verkauft worden, sie nicht an der „Kontaktlinie“ einzusetzen. Am Dienstag ist, so berichtet die ukrainische Marine auf Facebook, eine weitere Waffenlieferung aus den USA im Hafen von Odessa eingetroffen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.